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Langzeitfolgen von Corona So äußern sich die Symptome von Long Covid bei Erkrankten

Der Pneumologe Litwinenko behandelt in Querfurt Patienten mit „Post-Covid-Syndrom“. Er und ein Betroffener berichten, was dies bedeutet.

12.04.2021, 16:00

Querfurt - Ende November habe er die „üblichen“ Symptome entwickelt, berichtet Rick Faulstich: Fieber, Schüttelfrost. „Wegen Appetitlosigkeit habe ich in einer Woche acht Kilo verloren.“ Kreislaufprobleme kamen hinzu und ein Husten, der ihn nur noch flach atmen ließ. Covid-19. Der Arzt schickte ihn ins Merseburger Basedow-Klinikum.

„Da lag ich fünf Tage. Ich wurde nicht beatmet, bekam aber etwas zum Inhalieren und Tabletten gegen den Husten.“ Sein Zustand besserte sich, er wurde entlassen. Nach weiteren zwei Wochen Krankschreibung konnte Faulstich, Polizist im Außendienst, wieder arbeiten gehen. Appetit und Gewicht seien schnell zurückgekehrt: „Ich habe dann erstmal nichts mehr von der Krankheit bemerkt, mich aber auch nicht angestrengt.“

Long Covid oder „Post-Covid-Syndrom“: Langzeitfolgen einer Corona-Erkrankung

Das änderte sich, als er im Februar einen halben Tag schwere Arbeit verrichtete, erzählt der junge Mann. Kurze Zeit später lag er wieder im Krankenhaus, diesmal in Querfurt. Dort leitet der Pneumologe Klaus-Peter Litwinenko die Medizinische Klinik III und kümmert sich um jene Fälle, die oft als „Long Covid“ bezeichnet werden.

Es gäbe aber noch keine konkrete Definition, sagt der Mediziner, der selbst vom „Post-Covid-Syndrom“ spricht: „Wenn es bei Patienten einige Zeit nach der akuten Erkrankung nicht besser wird, werden sie hier vorstellig.“ Nicht alle hätten dabei vorher einen so schweren Verlauf gehabt, dass sie in die Klinik mussten. Teils sei auch ein milder Verlauf vorangegangen.

Long Covid- Symptome: Gedächtnisproblemen, Müdigkeit, Luftnot und Verlust des Geruchssinns

Auch die Symptome, mit denen die Patienten zu Litwinenko und seinen Kollegen kommen, sind unterschiedlich. Müdigkeit und Abgeschlagenheit sind zwei davon, sie treten auch beim Fatigue-Syndrom auf. „Zum Teil klagen die Patienten über Luftnot“, berichtet der Pneumologe. „Es gibt auch Patienten mit Gedächtnisproblemen, gerade nach schweren Verläufen.“ Bei jenen, die den Geruchssinn verloren hätten, könne es über sechs Monate dauern, bis der zurückkommt.

Die Daten- und Studienlage zu Langzeitfolgen ist ein Jahr nach Pandemiebeginn noch klein. Litwinenko verweist aber auf eine italienische Studie, bei der zehn Wochen nach der Erkrankung noch über die Hälfte der Betroffenen an Symptomen litt. „Die Post-Covid-Ambulanz in Jena berichtet von 60 Prozent Patienten mit Post-Covid-Fatigue.“

Schäden an Organen müssen ausgeschlossen werden

Bei Rick Faulstich setzten die Probleme abends nach der ersten schweren körperlichen Arbeit ein. „Es war, als hätte ich ein Gewicht auf der Brust liegen. Am nächsten Tag bin ich zwei Treppen hochgelaufen und war fertig. Ich war danach nicht mehr belastbar.“ Deshalb schickte ihn sein Hausarzt zu Untersuchungen ins Klinikum Querfurt.

Dort entnahmen die Mediziner Blutproben, machten Röntgenaufnahmen, ein Langzeit-EKG. „Wenn die Patienten mit Symptomen zu uns kommen, gucken wir, ob an den Organen etwas festzustellen ist, was wir medikamentös behandeln können“, erklärt Litwinenko. Es sei wichtig, Schäden an Organen auszuschließen.

Ursache von Langzeitfolgen derzeit noch nicht bekannt

Teilweise könne es durch Covid-19 zu strukturellen narbigen Veränderungen an der Lunge kommen, die sich jedoch zurückbilden könnten. Da müsse man aber gucken, ob eine längere Beatmung notwendig ist. Das betreffe eher Risikopatienten, die intensivmedizinisch behandelt wurden. Es sei nicht das, was die Bevölkerung unter „Long Covid“ verstünde, sagt der Mediziner.

Was die Ursache für die Langzeitfolgen wie Müdigkeit oder Atemnot ist, ist laut dem Chefarzt noch nicht ganz klar. Für ungewöhnlich hält er sie jedoch nicht. „Ähnliches sehen wir auch bei anderen schweren Viruserkrankungen. Die Patienten brauchen lange Zeit, bis sie wieder genesen sind, also den Zustand vor der Erkrankung erreichen.“ Deshalb setzt der Pneumologe bei jenen Patienten, wie Faulstich, bei denen sich keine medikamentös behandelbare Problemen an Organen zeigen, auf Zeit. Auch Rehamaßnahmen könnten helfen: „Wir lernen bei dieser medizinisch herausfordernden Krankheit jeden Tag hinzu, auch zu den Langzeitfolgen.“

Symptome von Corona-Erkrankten können auch chronisch werden

Viele Patienten, die Litwinenko nach der zweiten Welle im Herbst behandelt hatte, hat er nun im Februar, März noch einmal gesehen. „Sie sagen, die Probleme sind noch nicht weg, aber besser geworden. Das zeigt: Der Körper braucht Zeit.“ Bei Belastungen sollten sich Betroffene daher langsam herantasten. Den Körper vorsichtig wieder trainieren.

Es gäbe auch Patienten, bei denen die Symptome chronisch werden könnten. Aber ein halbes Jahr nach der Erkrankung sei es zu früh, um das zu beurteilen, sagt der Mediziner, dem eines wichtig ist zu betonen: Auch wenn die Betroffenen teils noch Monate nach der akuten Erkrankung Problemen hätten, seien sie nicht mehr infektiös, also nicht ansteckend.

„Im Alltag ist es wieder normal“, beschreibt Rick Faulstich nun viereinhalb Monate nach seiner Covid-Erkrankung seinen Zustand. Seine körperliche Belastbarkeit habe er aber noch nicht wieder getestet. Fitnessstudios seien ja noch geschlossen. Und sein Vertrauen in den eigenen Körper sei noch nicht wieder da. (mz/Robert Briest)