Ringen Ringen: Ganz in Familie
BRAUNSBEDRA/MZ. - Der Schalk ist dem achtjährigen Emil Thiele ins Gesicht geschrieben. Er hat ausdrücklich die Erlaubnis bekommen. Für das MZ-Foto darf Emil während des Trainings seinen sieben Jahre älteren Bruder Erik aufs Kreuz legen und in den Schwitzkasten nehmen. Das gefällt dem Kleinen. Sein Bruder wird puterrot. Doch schnell ist alles vorbei, das Foto im Kasten. Und bevor sich der kleine Emil versehen hat, liegt er unter seinem Bruder begraben - Gegenangriff. Nun ist Emil chancenlos.
Im Hause des erfolgreichen Ringers Sven Thiele in Braunsbedra gebe es solche Ringer-Szenen auch ab und zu mal, verrät der aufgeweckte Emil. Warum? "Weil ich meinen Bruder immer nerve, wenn ich mit ihm spielen will", sagt der Achtjährige. Das beschränkt sich dann allerdings auf die Wochenenden, denn in der Woche sieht er seinen großen Bruder nicht. Der 15-jährige Erik, ebenfalls Ringer, trainiert im Leistungsstützpunkt Leipzig, wohnt dort im Internat und geht auch dort zur Schule. "Ich freue mich, wenn er freitags nach Hause kommt", sagt Emil. Für Weihnachten stellt der jüngste Thiele die familiäre Gemeinschaft aber hinter den eigenen Wünschen an: "Da freue ich mich, dass es Geschenke gibt und ich länger aufbleiben kann", sagt er ganz direkt heraus.
Sein älterer Bruder ist von einem ganz anderen Schlag. Das weiß auch Sven Thiele. "Der Kleine kommt mehr nach seinem Opa und hat ein bisschen was von mir", so der Vater, "Erik dagegen hat was von mir und ganz viele von meiner Frau." Der Große sei kontrollierter und sehr überlegt. Jeden Sonntag führt Eriks Reise ins Internat nach Leipzig. Dort hat er seit Kurzem ein Einzelzimmer. "Ich will meine Ruhe haben", sagt der Zehntklässler. Zweimal täglich, früh und abends, wird trainiert. Dazwischen ist Schulzeit. "Es macht Spaß im Internat", so der Gymnasiast, "ich hab dort viele neue Freunde gefunden." Aktiv ist er inzwischen für den KFC Leipzig, ringt im Reserve-Team in der Regionalliga, manchmal auch schon mit der 1. Mannschaft in der 2. Bundesliga, was für einen 15-Jährigen außergewöhnlich ist. Wo sein Weg hinführen soll, steht für ihn fest. Nahziel ist die EM im nächsten Jahr. Fernziel? "Klar, mal bei Olympia dabei zu sein", sagt er. Und diesen Weg mit ihm gehen will auch sein Vater.
Sven Thiele ist Stützpunkttrainer in Leipzig, also der Coach von Erik und vielen weiteren Schülern. "Das mit uns funktioniert schon", sagt der 42-Jährige, "ich übe auf ihn aber keinen Druck aus. Ich will ihm eine Stütze sein, helfen sein Talent zu nutzen." Die beiden sehen sich in Leipzig fast täglich, Sven Thiele fährt aber jeden Tag heim zur Familie. Da ist der Große auf sich gestellt. "So wird er selbstständig. Außerdem sind die schulischen Anforderungen sehr hoch", so der Vater. Einmal die Woche trainiert Sven Thiele auch den kleinen Emil beim SV Braunsbedra - dort ist der 42-Jährige Abteilungsleiter. "Emil wird an den Sport herangeführt. Er steht am Anfang seiner Ringer-Karriere, ist aber auch schon Landesmeister", so Thiele. "Das Ringen verbindet unsere Familie", sagt er und bezieht seine Frau da natürlich mit ein. "Sie unterstützt uns sehr. Das hat sie schon früher bei meiner Karriere gemacht. Dafür bin ich ihr sehr dankbar", so Sven Thiele.
Bis ins neue Jahr hinein hat der Vater nun die ganze Familie beisammen. "Da wird mal nicht gerungen", verrät er. Es geht auf die Piste, nach Österreich zum Skilaufen. Ein willkommener Ausgleich.