Kurioses Kurioses: Ein besonderes Signet

MERSEBURG - Da sah Schauspieler Gojko Mitic (78) dann doch ziemlich überrascht aus, als er diese Geschichte hörte: „Ich hatte 1987 einen Anruf vom Defa-Studio für Spielfilme bekommen, und man fragte mich, ob ich für einen Indianerfilm einen Henrystutzen aus Holz nachbauen könnte“, erzählt der Merseburger Hubertus Schmid der MZ bei den 14. Merseburger Defa-Filmtagen, wo er auch den früheren Chefindinaer traf. Es sollte ein Nachbau aus Holz sein, der für den letzten geplanten DDR-Indianerfilm mit Gojko Mitic als Requisite gebraucht wurde. Der Titel des Films: „Prärieindianer in Mexiko“. Er wurde 1988 nach einer Romanvorlage von Karl May gedreht. Gojko Mitic spielte darin den Häuptling Bärenauge. „Mein Nachbau wurde dann allerdings nicht mehr benötigt, weil die Defa mittlerweile ein spanisches Deko-Gewehr aus Spritzguss für den Dreh erworben hatte.“ Und so blieb der Nachbau des Henrystutzens im Besitz von Hubertus Schmid. Jetzt hat er ihn sich von Gojko Mitic signieren lassen, der gern sein sein Autogramm darauf setzte.
Schmid hatte den Umgang mit Holz als Kind von seinem Onkel gelernt. Später baute er insgesamt 148 Waffen aus fünf Jahrhunderten nach. „Das ist mir zu DDR-Zeiten nicht gut bekommen“, erzählt er. Ein aufmerksamer Bürger hatte durchs Fenster gesehen, dass bei ihm Waffen an der Wand hängen und die Behörden informiert. „Also stand die Polizei bei mir vor der Tür und sie verlangten, dass ich alle Nachbauten mit der Beschriftung ,Holzmodell‘ versehe“, erinnert sich der 62-Jährige. Das sei kein Problem gewesen und er habe das auch gemacht.
1987 oder 1988 sei dann aber ein neues Gesetz herausgekommen, was selbst den Besitz sogenannter Anscheinwaffen verbot. „Ich war also ein Straftäter.“ Die Polizei erschien wieder bei ihm und wollte alle Waffenmodelle mitnehmen, doch Schmid verweigerte die Herausgabe. „Ich sagte: Hier wird nichts mitgenommen. Ich bot allerdings an, alle Waffen vor den Augen der Polizisten in unsrem Kohleofen zu verbrennen.“ Da aber ganz tolle Schnitzarbeiten dabei waren, wie zum Beispiel Radschlosspistolen mit Schnitzköpfen, habe dann einer der Polizisten gesagt, dass er nochmal Rücksprache nehmen würde. Schmid wurde in der Folge zwar gestattet, die Waffen zu behalten, er musste allerdings akribisch auflisten, wem er mal eine Waffe geschenkt hatte und wo derjenige wohnte. Mittlerweile besitzt Hubertus Schmid, den viele als Spielerefinder, Tüftler und Sammler kennen, noch 25 Waffennachbauten - eine davon ist der Henrystutzen.
Für die diesjährigen Defa-Filmtage hatte der pensionierte Lehrer übrigens einen echten Publikumsmagneten zur Verfügung gestellt, in den er jahrelange akribische Arbeit investiert hatte: ein Filmquiz, bei dem FBI-Ausweise, Filmplakate, Geldscheine, US-Autokennzeichen, ein Brillengestell oder eine Taschenuhr Rätselfreunde auf die Spur von 35 Filmen bringen sollten - eine Herausforderung die viele gern annahmen.
Den Film, für den Gojko Mitic am Wochenende ins Domstadtkino gekommen war, hatte Schmid gleich 1966 im früheren Kino Völkerfreundschaft gesehen. „Ich weiß noch, da haben wir Schlange gestanden“, erinnert er sich. Sein Vater habe übrigens damals als Fahrer für das Kino gearbeitet und Filme für Aufführungen auf den Dörfern über Land gefahren. Da sei er auch ab und zu dabei gewesen und hätte dadurch zufällig auch den Schauspieler Fred Delmare kennengelernt.
Mit einem Autogramm von Gojko Mitic ist übrigens auch der Moderator des Filmgesprächs mit dem früheren Indianerhäuptling nach Hause gegangen. „Ich bin natürlich seit ich zwölf bin bekennender Gojko-Mitic-Fan“, sagte Paul Detlev Bartsch der MZ. Der 64-Jährige, der Professor an der Hochschule Merseburg ist, hatte ein 1976 erschienenes Buch über Gojko Mitic dabei, dass er sich signieren ließ. Vom Filmgespräch im ausverkauften großen Kinosaal war er begeistert. „Es hat sehr viel Spaß gemacht, vor allem, weil Gojko ganz ungezwungen geplaudert hat.“ Zum Beispiel darüber, dass er zu seinen Indianerzeiten etwa 25 000 Briefe, Karten und Päcken pro Jahr bekommen und die Post gestöhnt habe. Zum Abschluss hatte der drahtige Mitic noch einen Tipp für alle Kinogäste wie man sich fit und jung hält: „Immer in Bewegung bleiben.“
(mz)