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Ist Dorfidylle bedroht? Ist Dorfidylle bedroht?: Gollma wehrt sich gegen Bauvorhaben im Pfarrgarten

Von Katja Pausch 20.06.2020, 14:00
Ein Dorf wehrt sich - oder zumindest ein Teil der Einwohner. Ein Investor aus dem Ort hat den Pfarrgarten gekauft und plant dort Neubauten.
Ein Dorf wehrt sich - oder zumindest ein Teil der Einwohner. Ein Investor aus dem Ort hat den Pfarrgarten gekauft und plant dort Neubauten. Silvio Kison

Landsberg - Gollma ist in Aufruhr. Zumindest ein Teil des Ortes, der zur Stadt Landsberg gehört und rund 1.000 Einwohner zählt. So in Aufruhr, dass 350 Menschen aus Gollma und Landsberg eine Petition eingereicht haben. Andrej Haufe (CDU), Kreistagsvorsitzender des Saalekreises, hat das Schriftstück aus den Händen des Gollmaer „Urgesteins“ Maritta Lange und von Einwohner Udo Scheibe entgegengenommen und an Landrat Hartmut Handschak (CDU) übergeben.

Investor will im Pfarrgarten zwei Mehrfamilienhäuser bauen

Die Petition richtet sich gegen ein geplantes Bauvorhaben: Im Pfarrgarten, der mitsamt dem maroden einstigen Pfarrhaus vor gut zwei Jahren vom Kreiskirchenamt an einen Investor verkauft wurde, will der neue Eigentümer zwei Mehrfamilienhäuser mit je vier bis fünf Wohnungen errichten. Dagegen und auch gegen den bereits positiv erteilten Bauvorbescheid laufen nun mehrere Anwohner Sturm. Allen voran: Edmund und Filiz von Thermann.

Das Architektenehepaar hatte den jahrhundertealten, 1949 enteigneten Familienbesitz - Gutshaus und Schlosspark neben dem Pfarrgarten - im Jahr 1998 von der Treuhand zurück erworben und restauriert. „Hier sollen die Neubauten hin“, sagt Filiz von Thermann, umringt von Anwohnern, und zeigt von der Schulstraße aus in den von einer Steinmauer umgebenen Pfarrgarten mit altem Baumbestand, darunter 200 Jahre alte Linden und Roteichen.

„Mit den neuen Häusern geht die Identität von Gollma verloren“

Was die Protestierenden erzürnt, fasst Edmund von Thermann zusammen: Mit dem Kauf von Grundstück und Pfarrhaus sei eine mündliche Zusage zur Sanierung des stark von Hausschwamm befallenen Pfarrhauses verbunden. Die aber halte der jetzige Eigentümer nicht ein. Denn statt das Pfarrhaus zu sanieren, wolle er nun mitten in das denkmalgeschützte Areal Mehrfamilienhäuser setzen. Die Idylle des Gartens würde zerstört, so die Anwohner, die den Verlust des historischen Flairs von Gollma fürchten.

„Mit den neuen Häusern geht die Identität von Gollma verloren“, glaubt eine Anwohnerin, die dem Investor „fehlende Achtung vor einem kulturellen Wert“ vorwirft. Außerdem gebe es keine Rettungswege in der engen Straße und man sehe wegen der aus den 1920er Jahren stammenden Leitungen Probleme bei der Abwasserentsorgung. Und das Baugebiet liegt am Strengbach, der öfter über die Ufer tritt.

Investor wehrt sich gegen Kritik: Kein Investorengedanke, sondern Wohnraum schaffen

Mathias Dögel, Käufer von Pfarrgarten und -haus, kann den Frust vor allem der unmittelbaren Nachbarn verstehen, hält aber an seinen Bauplänen, die auch die vereinbarte schrittweise Sanierung des Pfarrhauses beinhalten, fest. „In Landsberg und Gollma herrscht seit Jahren Wohnungsnot, viele junge Familien ziehen deshalb weg“, so Dögel. Er sei selbst verwurzelt in Gollma, seine Kinder seien dort getauft und er lebe gern im Ort.

Ihn treibe „in keiner Weise der Investorengedanke“, vielmehr wolle er Wohnraum schaffen. In vielen Vor-Ort-Terminen habe er mit einem halleschen Architekturbüro Ideen entwickelt, wie alle Bedürfnisse - Erhalt von Dorfkern, historischem Ensemble und Baumbestand - berücksichtigt werden können.

Alle gesetzlichen Vorgaben, auch zum Denkmalschutz, halte er ein. Es werde ein Baumverzeichnis geben, so Dögel, der viel Unterstützung erhalte - auch aus Gollma und Landsberg. Er gehe mit viel Lokalpatriotismus ans Werk. „Die Gollmaer“, sagt Dögel, sollten doch eigentlich froh sein, dass der Investor einer von hier sei, einer von ihnen. (mz)