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Hochwasserschutz an Weißer Elster Hochwasserschutz an Weißer Elster: Naturschützer sind alarmiert

Von Michael Bertram 02.03.2016, 07:29
Hochwasser der Weißen Elster
Hochwasser der Weißen Elster Helga Freund

Burgliebenau - Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) hat die Pläne des Landes, im Bereich der Weißen Elster einen riesigen Hochwasserschutzpolder zu schaffen, scharf kritisiert. „Mit der aktuellen Planung wird eine große Chance zur Renaturierung der Elster-Luppe-Aue leichtfertig und mit großem Aufwand vertan“, teilte der Vorsitzende des Nabu-Regionalverbandes Merseburg-Querfurt, Martin Schulze, in einer schriftlichen Stellungnahme mit.

Darüber hinaus wirft der Nabu-Chef der Landesregierung kurzsichtiges Handeln vor. „Die Absicht der Landesregierung ist bei den Planungen klar erkennbar“, schreibt Schulz. „Nicht die Wasserrahmenrichtlinie oder der Naturschutz in dem Europäischen Schutzgebiet ,Saale-Elster-Aue südlich Halle’ stehen hier im Vordergrund, sondern einseitig ein kurzsichtiger Hochwasserschutz.“ Der Leitgedanke, Flüssen mehr Raum zu geben, verkomme angesichts der Planungen laut Schulze zu einer hohlen Phrase. Dabei wäre es möglich, die „Sünden von gestern“, die auch zur Zuspitzung der Hochwasserereignisse geführt hätten, heute rückgängig zu machen.

Große Überflutungsaue

„Mit der Errichtung von Deichen nördlich von Horburg-Maßlau, Zöschen und östlich der Tagebauseen sowie der Schlitzung des Hochwasserdeiches an der Weißen Elster könnte doch ohne Probleme eine große Überflutungsaue geschaffen werden, die den Namen auch verdient“, meint Schulze. Altarme der Weißen Elster könnten wieder angebunden werden, Feuchtwiesen wiederentstehen, Tümpel sich wieder mit Wasser füllen. Ortschaften können problemlos geschützt werden, die Natur würde zweifelsfrei profitieren. Stattdessen soll eine „Badewanne“, ein Polder, angelegt werden, der nur in Ausnahmefällen zur Flutung kommt, beklagt der Vorsitzende des Regionalverbands.

In der vergangenen Woche hatte Sachsen-Anhalts Umweltminister Hermann Onko Aeikens (CDU) millionenschwere Hochwasserschutzmaßnahmen in ganz Sachsen-Anhalt vorgestellt (die MZ berichtete). An Elbe, Saale, Mulde und Weißer Elster sollen gut zwei Dutzend Deiche rückverlegt werden oder Polderflächen geschaffen werden, um im Hochwasserfall mehr Platz zu schaffen. In die 23 Vorhaben, die mit der höchsten Priorität eingestuft wurden, sollen grob geschätzt 365 Millionen Euro investiert werden, wie es laut der Vorlage des Umweltministeriums weiter hieß.

Für den Saalekreis von großer Bedeutung sind dabei zwei riesige Polderflächen an der Weißen Elster beziehungsweise Saale. In der Elster-Luppe-Aue soll eine gut 932 Fußballfelder große Überflutungsfläche geschaffen werden, die 12,3 Millionen Kubikmeter Wasser aufnehmen kann. Darüber hinaus soll eine weitere Polderfläche an der Saale bei Röpzig entstehen. Die Grobkosten für die Maßnahme werden im Ministerium auf gut 70 Millionen Euro geschätzt. Die Überflutungsfläche, die ein Fassungsvermögen von 14,4 Millionen Kubikmetern aufweisen soll, würde bis Passendorf reichen.

Schulze befürchtet, dass die im Polderbereich lebenden Arten Probleme bekommen. „Lang andauernde, sehr hohe Wasserstände sind die Wälder und Arten hier nicht gewöhnt“, erklärt er. Ebenso sei mit der starken Nährstoff- und Biozidauswaschung aus den Ackerflächen und dem Eintrag in wertvolle Naturräume zu rechnen. Fische, die in Polder gespült werden, gingen zugrunde. Der Nabu befürchtet, dass das Land die Überflutung der Natur nur deshalb in Kauf nimmt, um Schadensersatzforderungen von Privatleuten, zum Beispiel Landwirten, zu entgehen. „Eine regelmäßige Überschwemmung der in Landesbesitz befindlichen Auwälder wäre noch zu verkraften, nicht jedoch die Überschwemmung von großen Ackerflächen, die sich überwiegend in privater Hand befinden. Hier sind Klagen und Entschädigungsforderungen vorprogrammiert“, hegt Schulze einen Verdacht. (mz)