Durchgang mit Gefängnis Durchgang mit Gefängnis in Löbejün: Das letzte erhaltene Stadttor im gesamten Saalekreis

Löbejün - Wer über Nauendorf und Merbitz nach Löbejün fährt, der kommt unmittelbar am Halleschen Tor vorbei. Das alte Tor in der zum Teil gut erhaltenen Stadtmauer sei das einzige noch erhaltene Stadttor von Löbejün und zugleich das einzige noch erhaltene im gesamten Saalekreis, erklärt Evelyn Sponfeldner vom Löbejüner Heimatverein. Als Einzeldenkmal ist es Teil des historischen Altstadtkerns des zur Stadt Wettin-Löbejün gehörenden Ortes, in dem sich eine ganze Reihe alter Häuser und enger Gassen befinden.
„Ursprünglich hatte Löbejün einmal vier Stadttore“, so Sponfeldner. Außer dem Halleschen Tor gab es das Plötzer Tor, durch das die Straße Richtung Zörbig ging, das Kochs- oder Kaltauer Tor, das nach Köthen ausgerichtet war, und schließlich das Mühlentor im Westen, das Richtung Könnern zeigte. Letzteres hatte seinen Namen von den zwei Windmühlen erhalten, die sich vor dem Tor befanden. Das Mühlentor soll teilweise auch Ringtor genannt worden sein, sagt Sponfeldner, denn im 16. und 17. Jahrhundert soll sich das Gut der Familie Ringe nahe dem Tor befunden haben. Jedes der vier Tore hatte bis zum 30-jährigen Krieg einen Turm, in dem der Torwärter wohnte.
Hallesches Stadttor in Löbejün wird mit dem Baujahr 1607 verbunden
Das Hallesche Stadttor wird mit dem Baujahr 1607 verbunden. Auch zuvor soll es nach der Chronik von Pfarrer Ferdinand Wilcke bereits feste Tore in der Stadtbefestigung gegeben haben. „Das Baujahr bezieht sich auf einen Neubau des unteren Teils des heutigen Tors. Die Baukosten lagen damals bei 382 Talern“, weiß Evelyn Sponfeldner zu berichten. 1743 wurde der obere Torteil erneuert, das kann man heute noch auf einer Inschrift lesen.
Wer eine Stadtführung durch die Altstadt mitmacht, der bekommt von Evelyn Sponfeldner viele interessante Informationen. Zum Beispiel erzählt sie, dass das Tor einst auch das Stadtgefängnis war. 1824 soll es dort eingerichtet worden sein. Später, bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein, wurde es als städtischer Wohnraum genutzt.
Hallesches Tor in Löbejün: „Die letzte Bewohnerin starb 1972“
„Die letzte Bewohnerin starb 1972“, sagt Inge Bauer, die in Löbejün geboren wurde. Als waschechte Löbejünerin spricht sie noch die typische Löbejüner Mundart, die die jungen Leute in dem Ort wohl nicht mehr beherrschen. Sie verwendet noch heute Ausdrücke, die nur noch wenige Einwohner kennen, wie Kuge, was so viel wie Kopftuch heißt, oder Figge, die Tasche.
Mit 79 Jahren ist Inge Bauer das älteste Mitglied im Löbejüner Heimatverein, der seinen Sitz im Halleschen Tor hat. In kleinen Räumen werden allerlei historische Dinge aus dem Ort ausgestellt, Dinge, die vom Alltagsleben der Leute zeugen und vom Bergbau, für den Löbejün einmal stand.
Hallesches Tor in Löbejün: Zahn der Zeit nagt an der Bausubstanz
Inge Bauer kennt die letzte Bewohnerin des Stadttors noch gut. Sie wohnte dort im Erdgeschoss. Wenn man dieses heute betritt, steht man in einem kleinen Raum. „Das waren ursprünglich aber mal zwei winzige Räume“, sagt Inge Bauer. Eine Küche und ein weiterer Raum. In der Küche war die einzige Wasserstelle des gesamten Tors. Die Familie aus dem Obergeschoss habe keinen eigenen Wasserhahn in ihrer Wohnung gehabt, sondern habe sich ihr Wasser aus der Küche der unteren Wohnung mit nach oben nehmen müssen. Zum anderen gab es noch einen Schlafraum. Geheizt wurde mit einem kleinen Ofen.
Nachdem die letzte Bewohnerin verstorben war, ereilte das Hallesche Tor dasselbe Schicksal, wie es auch viele andere historisch wertvolle Häuser des Ortes erlebten. Es stand leer, keiner kümmerte sich darum. Der Zahn der Zeit nagte an der Bausubstanz. Nach der Wende fand das wertvolle Wahrzeichen der Stadt wieder Beachtung. Schon Anfang der 90er Jahre wurde es saniert. „Das war 1993. Und das Ganze kostete damals 360.000 Deutsche Mark“, erinnert sich Inge Bauer. Nach der Sanierung zog der Heimatverein in das städtische Gebäude. (mz)
