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Blau-Weiß Brachstedt Blau-Weiß Brachstedt mit Nabil Daouri gegen den Halleschen FC

Von Karl Ebert 14.06.2016, 18:05
Nabil Daouri (M.) beim Training des Landesligisten SG Blau-Weiß Brachstedt
Nabil Daouri (M.) beim Training des Landesligisten SG Blau-Weiß Brachstedt Schulz

Brachstedt - Es ist ein ganz normaler Abend in Brachstedt. Auf der Sportanlage arbeiten eine ganze Reihe von Ehrenamtlichen. Sie kümmern sich um den Rasen, sorgen für ausreichend Wasser und schneiden die Hecken hinter den Zuschauerplätzen. Brachstedt macht sich schick für den Auftritt des Fußball-Drittligisten Hallescher FC am 18. Juni.

Schöner Saisonabschluss vor dem Jahresurlaub

Und während die Spieler des Landesligisten Blau-Weiß so allmählich zum Training eintrudeln, sitzt Nabil Daouri noch in Zivil auf einer Bank und checkt die Nachrichten auf seinem Smartphone. Auch er ist einer von diesen Spielern, auch er will gegen den HFC dabei sein. „Bei einem schönen Saisonabschluss, nachdem es dann für vier Wochen in den Urlaub in die Heimat nach Marokko geht“, sagt Daouri. Dann lächelt er schelmisch: „Aber ich warte erst mal das Spiel ab. Der HFC sucht ja noch Spieler für den offensiven Bereich. Vielleicht verpflichten sie mich noch für eine Saison.“

Es gab eine Zeit, da war der 33-Jährige gar nicht so weit weg vom größeren Fußball. Mit 17 Jahren spielte er bereits in der ersten Liga von Marokko bei CODM Meknes, schaffte sogar den Sprung in den Kader der U-21-Nationalmannschaft. „Doch zu mehr als einem Trainingslager mit diesem Team und zwei Spielen gegen Katar und Botswana hat es nicht gereicht“, erzählt Daouri. „Wir haben täglich zweimal trainiert. Das war nichts anderes als bei einem deutschen Profiverein.“

Doch der Abenteuerdrang wurde immer größer, wie Daouri mit dem Abstand von vielen Jahren erzählt. Der junge Fußballer wollte im Ausland sein Glück suchen. Aber nicht, ohne dabei auch an sein Leben neben dem Fußball zu denken. „Mein Vater hat immer gesagt: ,Denke daran, der Sport kann mit nur einer Verletzung für immer vorbei sein. Dann brauchst du etwas, mit dem du deinen Lebensunterhalt verdienst.‘ Daran habe ich mich gehalten“, erzählt Daouri.

Über die Zwischenstation Frankreich, „wo es mit nichts so richtig geklappt hat“, kam Daouri im Jahr 2003 mit 20 Jahren nach Deutschland. Das Studium der Sportwissenschaft war sein Ziel. Und nebenher auch ein bisschen Fußball spielen. Und so kam er zum Verbandsligisten BSV Ammendorf. Dessen Manager Lutz Schülbe gab ihm die Chance zu spielen, achtete jedoch auch immer darauf, dass Daouri beim Erlernen der deutschen Sprache vorwärts kam.

Mittlerweile spricht Daouri besser Deutsch als so mancher Einheimische. Nach sechs Jahren bei den Ammendorfern hat er in Nietleben, Bennstedt, Ostrau und eben Brachstedt schon zahlreiche Vereine dieser Region kennengelernt. Und er hat einen Bachelor-Abschluss in der Tasche. Das Thema der Arbeit: „Integration im Fußball.“ Daouri will noch seinen Master in Sport und Wirtschaft machen, um später „weiter mit Menschen arbeiten zu können“.

Wertvoller Spieler für Brachstedt

Und drei, vier Jahre Fußball auf dem derzeitigen Niveau will er auch noch spielen. Er fühlt sich wohl in Brachstedt. „Es macht Spaß, wir unternehmen viel zusammen“, sagt Daouri, der allein in Deutschland lebt: „Ohne Familie, mit Freundin ab und zu. Man muss ja auch mal mit jemandem reden außerhalb des Fußballs.“

Wie wertvoll er für die Brachstedter ist, zeigte er in den letzten beiden Saisonspielen. Beim 2:0-Erfolg am letzten Spieltag in Annaburg brachte er sein Team mit dem Führungstreffer auf die Siegerstraße. Eine Woche zuvor beim 6:2-Erfolg über den 1. FC Weißenfels schoss er fünf Tore selbst und bereitete das sechste vor. In den letzten sieben Minuten brachte er dabei sogar einen Hattrick zustande. Mit zwölf Toren beendete er die Saison.

Achtzehn Tore in erster Saison

Er kann es aber noch besser. In seiner ersten Brachstedter Serie kam er auf 18 Buden und war bester Blau-Weißer. „Elf Tore sind für ihn gar nichts, die hat er sonst schon in der Halbserie“, sagt sein Trainer Manoel Arnhold. „Schade, dass er erst jetzt so richtig auftaut, wo die Saison gelaufen ist. Als wir unsere Talsohle hatten im Frühjahr wären seine Treffer wichtiger gewesen.“

Aber das will Daouri, der dreimal in der Woche zwischen seinem Wohnort Halle und Brachstedt zu Training und Spiel pendelt, im nächsten Jahr nachholen, „denn wir sind nicht schlechter als die Dölauer, die in diesem Jahr aufgestiegen sind“. Pendeln tut Daouri übrigens auch öfter einmal zwischen Halle und Berlin oder Halle und Wolfsburg. „Dort schaue ich mir Bundesliga-Spiele live an“, sagt er. „Neulich habe ich im Olympiastadion auf einem der obersten Ränge gesessen. Die Spieler haben sich verschoben wie kleine Schachfiguren. Da konntest du genau die Taktik und die Laufwege erkennen. Das war eine ganz neue Sichtweise auch für mich“, sagt er.

Auch den Halleschen FC hat er bereits live gesehen. „Aber das ist schwierig, weil wir oft parallel spielen. Trotzdem bin auch ich gespannt, mit welcher Mannschaft sie am Sonnabend bei uns spielen und wie lange wir mithalten.“

Blau-Weiß Brachstedt feiert vom 16. bis 19. Juni den 95. Geburtstag. Informationen: www.1921-Brachstedt.de (mz)