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Bürgermeisterwahlen im Saalekreis Bad Dürrenbergs Überraschungskandidat

Weil er eine Wahl ohne Auswahl undemokratisch fand, tritt Marcel Funke nun selbst in der Solestadt als Kandidat an. Ideen für die Stadt hat der 27-Jährige bereitliegen.

Von Robert Briest Aktualisiert: 24.02.2022, 12:08
Marcel Funke tritt als Bürgermeisterkandidat in Bad Dürrenberg gegen den Amtsinhaber an.
Marcel Funke tritt als Bürgermeisterkandidat in Bad Dürrenberg gegen den Amtsinhaber an. Foto: Katrin Sieler

Bad Dürrenberg/MZ - Der März ist für die Marcel Funkes Zukunft ein entscheidender Monat. Zum einen muss der 27-Jährige zum Monatsende seine Bachelorarbeit in Verwaltungsökonomie abgeben. Zum anderen könnte er gleich einen thematisch passenden Job finden. Zumindest dann, wenn ihn die Mehrheit der Bad Dürrenberger am 13. März zum neuen Bürgermeister der Solestadt wählt.

Dass sich der Student um diesen Posten bewirbt, kam für die breite Öffentlichkeit überraschend. Funke selbst hatte schon mit dem Gedanken gespielt, seit er zum Jahreswechsel die Stellenausschreibung im Netz gelesen hatte. Die letzte Entscheidung fiel dann dennoch erst fünf Tage vor Ende der Bewerbungsfrist Mitte Februar, als nach der Verzichtserklärung der FDP scheinbar feststand, dass Amtsinhaber Christoph Schulze (CDU) ohne Gegenkandidat ins Rennen geht. „Bei einer Wahl soll es aber eine Auswahl geben“, befand sein jetziger Kontrahent damals und sammelte über das Wochenende die notwendigen Unterstützerunterschriften. 150 habe er bis zum Bewerbungsschluss zusammenbekommen, berichtet Funke, der mittlerweile auch die Prüfung der Wahlunterlagen überstanden hat und offiziell als Kandidat zugelassen ist.

„Ich mag lokalpolitisch noch unbeschrieben sein, aber ich kenne Bad Dürrenberg und ich kenne die Verwaltung.“

Marcel Funke, Bürgermeisterkandidat

Der Wahlkampf läuft für den politischen Neuling also, der als Einzelbewerber ohne Partei im Rücken für Plakate und andere Ausgaben auf die eigenen Ersparnisse zurückgreifen muss. Er ist dennoch guter Dinge: „Ich mag lokalpolitisch noch unbeschrieben sein, aber ich kenne Bad Dürrenberg und ich kenne die Verwaltung.“ Ein Jahr habe er dort als Praktikant gearbeitet, erzählt Funke. Das war kurz vor Ende der Ära Arpad Nemes.

Seither ist einiges passiert in der Solestadt. Vor allem steht diese 14 Monate vor der Eröffnung der Landesgartenschau. Andere Fraktionen begründeten ihren Verzicht auf eigene Kandidaten auch damit, dass es so kurz vor der Laga schwierig wäre, den Bürgermeister zu wechseln, ein neuer de facto keine Einarbeitungszeit hätte. Funke sieht dieses Problem nicht. „Hinter der Laga stehen viel mehr Leute als nur der Bürgermeister. Ich halte es für falsch zu sagen: Wenn man nun eine Schachfigur austauscht, funktioniert das ganze Spiel nicht mehr“, verweist er etwa auf die Mitarbeiter der Laga GmbH: „In den acht Monaten nach Dienstantritt wird auch nicht mehr die Welt beschlossen. Das Schiff hat ja schon seinen Kurs.“

Wir-Gefühl stärken

Funke hat die anderthalb Monate seit den ersten Gedankenspielen mit einer Kandidatur genutzt, um sich eine Strategie zu überlegen, wie es für Bad Dürrenberg insgesamt auch nach der Laga weitergehen soll. Modernisierung von Stadt und Verwaltung nennt er als ersten Punkt. „Dazu gehört auch die Digitalisierung. Da hinken die kommunalen Verwaltungen ja weit hinterher.“ Ohnehin wolle er die Verwaltung stärken. Im Rat sei zuletzt ja die hohe Fluktuation bei deren Mitarbeitern beklagt worden. Da brauche es wieder ein Grundvertrauen zwischen den drei Akteuren Verwaltung, Stadtrat, Bürger. Ihm fehle aktuell ein Wir-Gefühl unter den Bad Dürrenbergern, konstatiert der Kandidat.

Als weitere Punkte seines Konzepts nennt er Transparenz – eine Kommunikation der Stadt vielleicht auch über weitere Social-Media-Kanäle wie Instagram oder Youtube – und eine Steigerung der Attraktivität der Stadt, um Zuzug zu generieren. Hierzu zählt Funke etwa auch, dass Kitaplätze bezahlbar bleiben sollen. Auch solle es mehr Mülleimer in der Stadt geben, insbesondere solche für Hundekot, um die Stadt sauberer zu halten.

Gegen eine Fusion

Dieser fehlt es nach Ansicht des Kandidaten vor allem an Angeboten für die Jugend. „Schon zu meiner Zeit gab es keine Jugendclubs mehr, sondern nur noch die Saale.“ Heute würden viele Jugendliche daher die Bushaltestellen als Treffpunkte nutzen, mit Müll als Begleiterscheinung. Da wolle er eine Lösung finden, Flächen für die Jugend herrichten. Als Idee nennt er etwa, auf dem Salinegelände Outdoorsportgeräte aufzustellen. Für das restliche Areal wünscht er sich beispielsweise die Ansiedlung einer Tagesklinik, um Einnahmen für die klamme Stadtkasse zu generieren.

Funke ist zudem dafür, den Kurpark stärker als Veranstaltungsort zu nutzen, mit Angeboten für alle Altersgruppen. Und er solle kostenlos bleiben: „Weil man ihn sonst den Bürgern wegnimmt.“ Anders als sein Gegenkandidat befürwortet der 27-Jährige zwar eine interkommunale Zusammenarbeit mit Leuna. Eine perspektivische Fusion lehnt er aber ab: Dafür hätten beide Städte zu wenig gemeinsam.

Für ihn selbst stehen nun stressige Wochen an. Schließlich muss Funke nicht nur Bachelorarbeit und Wahlkampf zeitlich unter einen Hut bringen, sondern als bisher weitgehend unbekannter Kandidat sich bei seinen Mitbürgern einen Namen machen und sie von seinen Ideen überzeugen.

Zur Person

Marcel Funke ist 27 Jahre alt und damit ein Jahr jünger als sein Kontrahent Christoph Schulze bei seiner Wahl vor sieben Jahren war. Sein Abitur legte er auf dem zweiten Bildungsweg ab. Nachdem er das Gymnasium in Markranstädt zunächst mit Realschulabschluss verlassen hatte, legte er in Leipzig sein Fachabitur in Wirtschaft und Verwaltung ab.

Den Disziplinen blieb Funke, der nach eigenen Angaben mit Ausnahme einiger Studienzeit, sein ganzes Leben in Bad Dürrenberg verbracht hat, auch danach treu. In Halberstadt ist er im Bachelor für Verwaltungsökonomie eingeschrieben, arbeitet aktuell an seiner Abschlussarbeit.

Politisch war der Kandidat bisher nicht aktiv. Er ist auch kein Mitglied einer Partei, weil er sich mit keiner zu hundert Prozent identifizieren könne, wie er erklärt. Er selbst beschreibt sich als „politisch-pragmatisch“. Wichtig sei, dass Lösungen zielführend sind.

Sekt oder Selters

Die MZ möchte von jedem Kandidaten wissen, welche persönlichen Vorlieben er oder sie hat und hat ihnen ein paar Entweder-oder-Fragen gestellt. Hier die Antworten:

Hund oder Katze? Ich hatte schon beides. Aber jetzt lautet die Antwort klar: Hund. Wir haben einen Leonberger Mischling.

Kaffee oder Tee? Tee. Der hat variableren Geschmack. Kaffee trinke ich nur im Notfall, wenn ich das Koffein brauche.

Fleisch oder Gemüse? Fleisch

Ostsee oder Berge? Ostsee.

Fußball oder Schach? Fußball gucken, Schach spielen. Ich habe zwei linke Füße.

Auto oder Fahrrad? Fahrrad.

Buch oder Film? Film.

Gummibärchen oder Schokolade? Gummibärchen.