Reformation Reformation: Luther, das kaum bekannte Wesen
Magdeburg/MZ. - Er habe als Erstes geguckt, wie der Anteil der Wissenden in Wittenberg liege, bekannte Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD). Dass 48 Prozent der Wittenberger - hier war Dorgerloh lange Zeit Leiter der Evangelischen Akademie - die Frage, was am 31. Oktober 1517 war, richtig beantworteten, habe ihn beruhigt. Offenbar hat Dorgerloh nicht weitergelesen, sonst hätte er sich am Dienstag erschütterter gezeigt: Immerhin 52 Prozent der Wittenberger wussten nicht, dass an jenem Tage Martin Luther seine 95 Thesen zur Reformation der Kirche an die Schlosskirchen-Tür nagelte und damit den wohl größten Umbruch in der Geschichte der Christenheit auslöste.
Freilich liegen die Wittenberger mit ihren 48 Prozent an der Spitze der Befragten - im Landesdurchschnitt kann nur ein Viertel der Bevölkerung mit dem Datum etwas anfangen. 75 Prozent beantwortete die Frage falsch oder konnten gar nichts dazu sagen. Trotz der Luther-Dekade, die 2008 begann und zum 500. Jahrestag des Thesenanschlags 2017 endet. Nach Ansicht der Tourismusforscherin Matilde S. Groß von der Hochschule Harz könnte das zum einen an 40 Jahren DDR liegen, "wo man der Bevölkerung das Thema Kirche gut austreiben konnte". Die Hemmschwelle, sich mit religiösen Themen zu beschäftigen, sei daher nach wie vor sehr groß. Zum anderen fehle es am Marketing: "Das Thema muss entmystifiziert werden und nicht nur nach außen, sondern auch im Land vermarktet werden."
Dem stimmt Florian Trott zu. Der Sprecher der Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt sieht "eine Herausforderung, der wir uns zu stellen haben". Für das große, internationale Ereignis des Lutherjubiläums sei es wichtig, auch die Menschen im Lande mitzunehmen. Zur Erklärung des großen Anteils der Unwissenden verweist auch Trott auf die Kirchenferne der Sachsen-Anhalter.
"Durchaus positiv" bewertet indes das Magdeburger Wirtschaftsministerium, zuständig fürs Landes-Marketing, das Ergebnis. Wenn ein Viertel der Befragten das Datum richtig zuordne, sei das schließlich deutlich mehr als der 14-Prozent-Anteil evangelischer Christen an der Bevölkerung.