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Reaktion auf Berlin Reaktion auf Berlin: Landes-SPD hadert mit vorgezogenen Wahlen

23.05.2005, 17:11

Magdeburg/MZ/hk/gau/mdc. - In JensBullerjahns Landtagsbüro sitzt die sachsen-anhaltischeSPD-Spitze am Montagmittag ratlos zusammen:Im Fernsehen wird gerade der Termin für dievorgezogene Bundestagswahl verkündet: EndeSeptember.

"Kalt erwischt"

"Das erwischt uns kalt", gesteht der Fraktionsvorsitzende:"Unser Landtagswahlkampf wird dadurch völligüberlagert." Die Entscheidung, die sein ParteichefFranz Müntefering am Abend zuvor herauf beschworenhatte, hält Bullerjahn für "weder logischnoch inhaltlich nachvollziehbar". LandeschefHolger Hövelmann sitzt neben dem ihm und versuchtein Lächeln. Doch auch er sieht "die Fluchtnach vorn" seiner Partei auf Bundesebene "ausgesprochenskeptisch". Wie will die SPD innerhalb vonknapp vier Monaten die Menschen überzeugen,nicht Schwarz-Gelb zu wählen, fragt Hövelmann.Weder er noch Bullerjahn haben derzeit eineAntwort darauf.

Immerhin: Die vorgezogene Bundestagswahl könnteden Sozialdemokraten in Sachsen-Anhalt beider Landtagswahl helfen, glaubt der MagdeburgerPolitologe Wolfgang Renzsch: "Es besteht durchausdie Möglichkeit, dass die Stimmung kippt."Abhängig sei dies von den Arbeitslosenzahlen,die der nächste Winter bringt. "Dann wirdeine Kanzlerin Merkel und nicht ein KanzlerSchröder dafür haftbar gemacht und dies könntedie Chancen der Landes-CDU möglicherweisebeeinträchtigen", so Renzsch. Doch diesesSzenario stößt in der Magdeburger Parteienlandschaftauf wenig Gegenliebe - weder bei Oppositionnoch Regierung. Spitzenkandidat Bullerjahnschließt einen radikalen Stimmungswandel zugunstender SPD ebenso aus, wie CDU-Landeschef ThomasWebel: "Die Menschen wissen, dass auch wirnicht in einem halben Jahr alle Bäume ausreißenkönnen." Webel kündigt zudem an, dass sichdie CDU/FDP-Landesregierung nach eine Regierungsübernahmeim Bund für eine sozial ausgewogene Politikeinsetzen werde. " Wir werden gemeinsam mitBayern und Nordrhein-Westfalen auf die sozialeBalance achten. Neo-Liberalismus wird es mitder Union nicht geben."

Ost-West-Problem

Der CDU-Bundestagsabgeordnete ChristophBergner aus Halle forderte seine Partei auf,bei den anstehenden Reformen die Besonderheitenim Osten zu berücksichtigen: "Mit der Öffnungdes Tarifrechts haben wir weniger Problemeals der Westen. Aber wenn unsere Leute sagen,der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sollum einen Prozentpunkt gesenkt werden, möchteich schon wissen, welche Folgen das hat."

Über alle Parteigrenzen hinweg auf Ablehnungstößt die Forderung der FDP-LandesvorsitzendeCornelia Pieper, die Landtagswahl ebenfallsvorzuziehen. Kritik kommt selbst aus den eigenenReihen: "Wir müssten ja dann unsere Regierungszeitvorzeitig beenden", sagt Veit Wolpert, FDP-Fraktionschefim Landtag. Dazu sehe er keinen Anlass, Schwarz-Gelbwolle in Magdeburg bis zum letzten Tag regieren."Wir sind doch nicht abgewählt worden." LandtagspräsidentAdolf Spotka (CDU) bezeichnet den Pieper-Vorschlagals abwegig. "Allerdings wird die vorgezogenenBundestagswahl eine ganz neue Dynamik in denLandtagswahlkampf bringen", so Spotka.

Auch PDS-Fraktionschef Wulf Gallert lehnteine vorgezogene Landtagswahl ab. "Wir habendie Krisensituation im Bund, nicht im Land.Alle haben jetzt schon genug damit zu tun,die Bundestagswahl vorzubereiten, da mussman nicht auch noch Hektik verbreiten."