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Parteien Parteien: Schwarzes Schaf will wieder in die Herde

Von Harald Kreibich 19.01.2001, 18:21

Magdeburg/MZ. - An manchen Tagen neigt Joachim Auer gern zur Untertreibung. "Es gibt doch nun wirklich Wichtigeres als den Umstand, dass ich wieder das CDU-Parteibuch haben will", versucht er sich als unbedeutenden Durchschnittsbürger darzustellen. Wer dem wortgewandten Mann eine Weile zuhört, könnte meinen, dass er zwar seit Jahren schon in Sachsen-Anhalt lebt, aber hier nie eine Rolle gespielt hat. Dieser Eindruck freilich ist falsch.<$7>, denn Auer steht wie nur wenige Personen für die Wirren und politischen Querelen der Anfangsjahre. <$7>Eigentlich hatte alles ganz verheißungsvoll begonnen. Kurz nach der Wende kommt der gelernte Verwaltungsbeamte nach Bitterfeld. Er engagiert sich in der CDU und startet eine Blitzkarriere. Bei der Landtagswahl 1990 gewinnt Auer als Spitzenkandidat seiner Partei fast die Hälfte aller abgegebenen Stimmen. Im Parlament setzt sich der Aufstieg fort. Die Mitglieder der CDU-Fraktion wählen ihn zum Vorsitzenden.

Mit dem Durchmarsch in die erste Reihe des Parlaments allerdings kommt die Karriere des gebürtigen Heidelbergers ins Stocken. Sein Verhältnis zu Werner Münch, der 1991 nach dem Sturz von Gerd Gies den Thron des Ministerpräsidenten besteigt, gilt als wenig freundschaftlich. Als Münch im Dezember auch noch den Landesvorsitz übernimmt, kommt es zum offenen Bruch. Auf dem Parteitag erklärt Auer den Delegierten, dass er sein Amt als Fraktionschef niederlegt. Kurz darauf verlässt er die Fraktion und die Partei. "Das ist natürlich ein großer Fehler gewesen", gesteht der heute 47-Jährige ein. Inzwischen wisse er natürlich, "dass man die Volksparteien stark machen muss und nicht die Randgruppen." Und als ob er ein Klischee bedienen müsste, fügt er in reumütig klingendem Unterton hinzu: "Ich war damals halt ein junger Wessi." Programmatisch allerdings, will Auer vermerkt wissen, habe er sich der Union stets verbunden gefühlt.

Viele seiner früheren Parteifreunde sehen das noch immer anders, denn nach seinem Bruch mit der CDU übt sich Auer keineswegs in politischer Enthaltsamkeit. Mit anderen Abtrünnigen zusammen gründet er im Landtag die "Freie Fraktion" und wird deren Vorsitzender. Von Abzockerei ist die Rede, denn die neue Truppe bekommt die gleichen finanziellen Zuschüsse wie eine "normale" Fraktion. Als die "Freie Fraktion" nach wenigen Wochen zerfällt, ist es wieder Auer, der die Bildung einer neuen Fraktion vorantreibt. Diesmal firmieren er und seine Mitstreiter als "Deutsche Soziale Union" (DSU). Das "in erster Linie materiell orientierte Zweckbündnis", wie es ein Abgeordneter nennt, der die Wirren damals miterlebt hat, hält bis 1993.

Die Nachwirkungen indes reichen bis 1997. Das Magdeburger Landgericht verurteilt den früheren Frontmann der DSU-Landtagsriege zu 15 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung und 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Die Richter sehen es als erwiesen an, dass er Fraktionsgelder für private Zwecke ausgegeben hat (siehe Hintergrund). Laut Staatsanwaltschaft beläuft sich der entstandene Schaden auf rund 110000 Mark.

Der CDU-Kreisvorstand Wernigerode, der über das Aufnahmegesuch von Auer entscheiden muss, tut sich schwer. Schon 1996 hatte sich Auer wieder um ein Parteibuch beworben. Der Antrag wurde abgelehnt, sein drittes Aufnahmegesuch schmort seit fast einem Jahr. "Es gibt eine breite Front der Ablehnung", nennt CDU-Kreischef Rainer Schomburg den Grund, "immerhin ist Herr Auer schon zweimal in die Partei ein- und wieder ausgetreten." Da sei es verständlich, dass man mehr über die Motivation erfahren wolle. "Mitte Februar werden wir noch einmal ein Gespräch darüber mit ihm führen", verrät Schomburg.