Öffentlicher Verkehr Öffentlicher Verkehr: 250 Millionen Euro Schaden durch Schwarzfahrer

Magdeburg/dpa - Zehntausende Schwarzfahrer bringen den Nahverkehrsunternehmen in Sachsen-Anhalt Einnahmeausfälle. Aber die betroffenen Unternehmen halten sich mit konkreten Angaben weitgehend bedeckt, wie eine dpa-Umfrage ergab. So teilte die Hallesche Verkehrs-AG (HAVAG) zwar mit, dass im vergangenen Jahr 23.000 Schwarzfahrer erwischt worden seien, wobei die Dunkelziffer dreimal höher sein könne. Zu dem durch Schwarzfahrer vermutlich entstandenen Schaden wollte sich das Unternehmen jedoch nicht äußern. Die Magdeburger Verkehrsbetriebe (MBV) teilten lediglich mit, dass der Anteil der Schwarzfahrer vermutlich bei drei Prozent liege.
15 bis 20 Fahrkartenkontrolleure im Einsatz
Nach Angaben von Iris Rudolph, Pressesprecherin der Halleschen Stadtwerke, zu der auch die HAVAG gehört, wurden im Jahr 2012 noch 24 500 Schwarzfahrer in den Bussen und Bahnen des Unternehmens ertappt. „Tendenz eher gleichbleibend“, konstatierte sie. Ob es bei den MBV einen ähnlichen Trend gibt, ließ sich nicht ermitteln. „Weitere Daten können derzeit von der MVB nicht veröffentlicht werden, da dies betriebsinterne Angelegenheiten sind“, hieß es aus dem Unternehmen. Auch das private Eisenbahnunternehmen HarzElbeExpress wollte „aus Wettbewerbsgründen zu diesen Daten keine Aussagen publizieren.“
Etwas offener gab sich die Deutsche Bahn AG, wenngleich auch hier konkrete Zahlen nicht genannt wurden. „Eine Statistik zu Schwarzfahrern wird bei uns nicht geführt“, sagte ein Bahnsprecher. Er schätzte jedoch, dass die Schwarzfahrerquote relativ niedrig sein dürfte. Er machte dies vor allem daran fest, dass auf den Strecken, die von der Bahn betrieben würden, in fast 100 Prozent aller Züge ausreichend Kundenberater anwesend seien, die die Fahrkarten kontrollierten. Dies sei auch entsprechend vertraglich vereinbart.
Dies bestätigte auch die Nahverkehrsservice-Gesellschaft Sachsen-Anhalt (NASA). „Die NASA GmbH plant, bestellt und finanziert den Schienenpersonennahverkehr in Sachsen-Anhalt und schließt dazu umfangreiche Verträge mit den beauftragten Eisenbahnverkehrsunternehmen ab“, erklärte deren Sprecher Wolfgang Ball. Auch hier setzt das Unternehmen auf Kontrolleure.
Bei der Halleschen Verkehrs-AG werden dem Unternehmen zufolge täglich 15 bis 20 Fahrkartenkontrolleure eingesetzt. Schwarzfahrer versuchen laut Pressesprecherin Rudolph bisweilen, mit Ausreden um die finanziellen Folgen herumzukommen. „Ein Fahrgast stand im Dezember in Sandalen vor einem Prüfer und behauptete, er habe sich von seiner Freundin getrennt und wurde rausgeschmissen“, berichtete sie. Ein anderer Fahrgast habe einen Einzelfahrschein doppelt entwertet, so dass der Aufdruck unleserlich wurde. „Er wollte angeblich nur wissen, wie spät es ist.“
70 Tage Haft für dauerndes Schwarzfahren
Nicht immer geht es bei den Kontrollen jedoch so harmlos zu. Wie Rudolph berichtete, gab es im vergangenen Jahr auch gewaltsame Übergriffe bei Fahrscheinkontrollen. „14 Mal wurden Kontrolleure verletzt“, erklärte die Sprecherin. Auch die Bundespolizei macht immer wieder Erfahrungen mit rabiaten Fahrgästen. So wurden im Juli bei einem 29-jährigen Schwarzfahrer ein verbotenes Springmesser und ein Fleischerbeil gefunden. Im September widersetzte sich ein 54-Jähriger einer Kontrolle und musste gefesselt werden. Auch hier entdeckten die Beamten zwei Springmesser.
Andauerndes Schwarzfahren brachte im Januar einen 53 Jahre alten Mann ins Gefängnis. Er musste für 70 Tage in Haft, weil sich aus Schwarzfahrten eine Gesamtgeldstrafe von 2400 Euro angesammelt hatte, die er nicht bezahlt hatte. Wie oft solche Verurteilungen in Sachsen-Anhalt ausgesprochen werden, ist aber schwer nachzuvollziehen: Das Justizministerium führt nach eigenen Angaben dazu keine Statistik.

