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Niedersachsen Niedersachsen: Säugling in Kasernen-Toilette getötet

08.01.2009, 07:24
Angeklagte im Prozess um den Tod eines neugeborenen Kindes auf einer Kasernen-Toilette (FOTO: DPA)
Angeklagte im Prozess um den Tod eines neugeborenen Kindes auf einer Kasernen-Toilette (FOTO: DPA) dpa

Verden/dpa. - Nach Ansicht des Landgerichts Verden(Niedersachsen) ist die 24-Jährige des Totschlags durch Unterlassenin einem minderschweren Fall schuldig. «Sie wollte das Kind nicht»,sagte der Vorsitzende Richter Volker Stronczyk am Donnerstag. DieBundeswehrsanitäterin habe die Schwangerschaft zwar lange verdrängt,sie sei ihr aber spätestens am Tag vor der Geburt im März 2008bewusstgeworden. Nach der heimlichen Entbindung auf einerKasernentoilette in Schwanewede (Kreis Osterholz) habe sie das Kindertrinken lassen.

Das Gericht ging mit dem Urteil über die Forderung derStaatsanwaltschaft hinaus, die zwei Jahre und sechs Monate geforderthatte. Die Verteidigung plädierte für einen Freispruch. Sie willvoraussichtlich in Revision gehen. Während der Urteilsbegründungweinte die Soldatin ununterbrochen, ihre Jacke war nass vor Tränen.«Die Angeklagte kann einem irgendwie leidtun», sagte der VorsitzendeRichter. Sie habe isoliert gelebt. Nicht einmal an diesem schwerenTag habe ihre Familie sie zu Gericht begleitet.

Stronczyk warf auch der Bundeswehr mangelnde Fürsorgepflicht vor.Es sei bedrückend, dass die Sanitäterin mit mehreren Ärztenzusammengearbeitet habe, ohne dass jemand die Schwangerschaftauffiel. Die Kammer gehe zwar von einer verminderten Schuldfähigkeitaus, eine Bewährungsstrafe sei aber nicht angemessen. DieVerteidigung hatte in ihrem Plädoyer erklärt, die Angeklagte sei vonder Geburt völlig überrascht worden. «Sie hatte keine Anzeichen füreine Schwangerschaft im fortgeschrittenen Stadium entdeckt», sagteAnwalt Erwin Bugar. «Verdrängte Schwangerschaften sind nicht selten.»Die Soldatin sei in einem Schockzustand gewesen und habe das Kind fürtot gehalten.