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Nichtraucherschutz Nichtraucherschutz: Viel Rauch um nichts?

Von Katrin Löwe 03.09.2007, 17:56

Halle/MZ. - Vom Rauchen hält Stefanie Henning nichts. Für die MZ geht die Schülerin dennoch auf Testeinkauf in Halle. Als 15-Jährige dürfte sie schon nach dem alten Gesetz keine Zigaretten erhalten. Nach dem neuen, mit dem der Bund mehr Jugendlichen den Einstieg in die Droge Nikotin erschweren will, erst recht nicht.

Station eins, ein Discount-Markt: Ohne Nachfrage verkauft die Kassiererin Stefanie eine Schachtel. Die Filialleiterin ist entsetzt. "Ich habe alle extra belehrt. Das hat Konsequenzen", sagt sie. Allerdings: Es ist kein Einzelfall. In drei Tabakläden erhält die 15-Jährige ebenso problemlos Zigaretten. "Ich habe sie für 18 Jahre gehalten", erklärt ein Verkäufer und verspricht Besserung. Stefanie ist verblüfft. "Man braucht ja nicht einmal Ausreden", sagt sie. Erst im fünften Laden wird die Jugendliche wenigstens nach dem Alter gefragt. Sie behauptet 18 zu sein, keinen Ausweis dabei zu haben - und bekommt Zigaretten. Jugendliche, sagt Stefanie, wüssten, wo kaum kontrolliert wird. Bei Andreas Heckl in der Großen Ulrichstraße im Zentrum von Halle hat sie keine Chance. Als einziger Händler im Test verweigert er den Verkauf. "Es eine Umgewöhnung, viele hätten letzte Woche noch Zigaretten gekriegt. Aber das ist meine Verantwortung als Fachhändler", sagt Heckl. Zudem will er keine Strafe riskieren.

In einem zweiten Punkt - dass Jugendlichen unter 18 das Rauchen in der Öffentlichkeit nicht mehr erlaubt ist - herrscht an offenbar Unklarheit. Mehr Kontrollen sind nach einer MZ-Umfrage in mehreren Kommunen nicht geplant. Der Burgenlandkreis oder die Stadt Eisleben erklären, die neuen Bestimmungen zur Umsetzung des Gesetzes noch gar nicht zu haben. "Auch hier ist nur das Alter von 16 auf 18 Jahre heraufgesetzt", betont Andreas Schoppa, Sprecher im Bundesgesundheitsministerium. "Der Stadtordnungsdienst war bisher schon in Gaststätten oder Clubs unterwegs", sagt Magdeburgs Stadtsprecherin. 2006 wurden 31 Verstöße gegen das Rauchverbot für unter 16-Jährige geahndet. Für Jugendclubs sieht sie kaum Probleme. "Die Betreuer kennen die meisten Gäste."

Mehr Schwierigkeiten fürchten Diskotheken. Zigarettenautomaten seien auf Altersbeschränkung umgestellt, "aber wir können keine Raucherpatrouille durch den Laden schicken", sagt Eric Chraplak, Betreiber des "Bernabeum" in Bernburg. Ob ein 17-Jähriger sich mitgebrachte Zigaretten ansteckt, sei bei fast 1 000 Besuchern und vielen Ecken in der Disko nicht zu kontrollieren. "Wenn er sie vor den Augen der Türsteher anzündet, schreiten wir ein", so Chraplak.

Noch hoffnungsloser schätzen Kommunen die Einhaltung des Rauchverbots für unter 18-Jährige auf der Straße ein. "Das ist nicht kontrollierbar", sagt Kurt-Jürgen Zander (SPD), Oberbürgermeister von Köthen. Das Ordnungsamt habe nicht die nötigen Rechte zur Ausweiskontrolle. Bei Jugendlichen kommt das Verbot ohnehin kaum an. "Was soll weiter passieren, als dass ich aufgefordert werde, die Zigarette auszumachen?", fragt Adnana Knickbein (17) aus Bernburg. "Mir ist das ziemlich egal mit dem Verbot. Ich werde sowieso meist für älter gehalten", sagt Stefanie Jungmann (16) aus Sangerhausen. Im Burgenlandkreis wird in Polizeibegleitung wie bisher an Schwerpunkten wie vor Schulen kontrolliert. "Wir können nur den warnenden Zeigefinger ausstrecken", sagt Jugendschutzbeauftragter Johannes Borchert.

Denn: Bußgelder sieht das Gesetz für Jugendliche nicht vor. "Wichtiger ist die Einhaltung beim Verkauf oder in öffentlichen Einrichtungen", heißt es im Bundesgesundheitsministerium. Wie das funktioniert, hat Stefanie Henning beim Einkaufstest erlebt: kaum.