Neonazi-Konzert in Nienhagen Neonazi-Konzert in Nienhagen: Tätliche Angriffe auf Journalisten?

Nienhagen - Mehr als 250 Menschen haben am Samstag nach Veranstalter-Angaben in Nienhagen (Harz) gegen ein Rockkonzert von Rechtsextremisten in ihrem Dorf protestiert. Der Polizeieinsatz ging am frühen Sonntagmorgen ohne nennenswerte Zwischenfälle zu Ende. Nach Behördenangaben waren rund 600 Beamte aus Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Brandenburg im Einsatz. Etwa 1300 Besucher waren laut Polizei zu dem Neonazi-Konzert gekommen.
Vereinzelte Kritik am Einsatz der Polizei, die Angriffe von Rechtsextremisten auf Journalisten nicht geahndet habe, wies ein Polizeisprecher am Sonntag zurück. „Bislang liegt uns keinerlei Strafanzeige vor“, sagte Polizeikommissar Marc Becher. Der Verein „Miteinander“ hatte im MDR entsprechende Kritik geäußert.
Die Demonstranten hatten bei einem Bürgerfest gegen das Konzert protestiert. „Ich habe mich gefreut, dass sich so viele Menschen gegen die rechtsextreme Ideologie engagieren. Ich hätte mich aber auch gefreut, wenn dieses Konzert verboten geblieben wäre“, sagte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) in Nienhagen.
Vor dem Konzert hatte es ein gerichtliches Tauziehen gegeben. Zunächst hatte die Verbandsgemeinde Vorharz die Veranstaltung verboten. Das Oberverwaltungsgericht in Magdeburg ließ das Konzert am Freitag schließlich doch zu. Es gelang auch nicht, eine Auflage durchzusetzen, um das Konzert um 22.00 Uhr zu beenden. Dies scheiterte am Samstag vor demselben Gericht, wie ein Polizeisprecher mitteilte.
Lesen sie auf der zweiten Seite: Kritik an Entscheidung des Gerichtes und besorgniserregende Entwicklung bei Rechtsrock-Konzerten in Sachsen-Anhalt.
Kritik gab es an der Begründung der Gerichte für die Zulassung der Neonazi-Veranstaltung. Beim Verbot sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass das Konzert auch eine politische Meinungsäußerung sei und damit unter das Versammlungsrecht falle, hieß es in der Entscheidung. „Das war für uns ein Schlag ins Gesicht. Das ist eine kommerzielle Veranstaltung mit Eintrittskasse und keine Versammlung nach Versammlungsgesetz“, sagte ein Sprecher der Initiative „Nienhagen Rechtsrockfrei“.
Das sei keine Justizschelte. Jedoch könnte so eine „Blaupause“ für andere Neonazi-Konzerte geschaffen worden sein. Er forderte deshalb, dass in Zukunft von Landesseite stärker versucht werden müsse, wie Konzertverbote „gerichtsfest“ gemacht werden können.
Laut Verfassungsschutzbericht ist die Zahl rechtsextremistischer Musikveranstaltungen in Sachsen-Anhalt im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2012 gestiegen. Während es 2012 zehn solcher Konzerte gegeben habe, seien es 2013 schon 15 gewesen. Eine Veranstaltung wurde von der Polizei aufgelöst. Hinzu kamen sogenannte Liederabende.
Nienhagen rückte seit Jahren in den Fokus der Sicherheitsbehörden. Der Konzertorganisator hat laut Verfassungsschutzbericht immer wieder Großveranstaltungen mit nicht selten mehr als 1000 Teilnehmern auf die Beine gestellt. Im Mai 2013 kamen zu dem Konzert etwa 1200 Teilnehmer. Zuvor war es wie auch in diesem Jahr zu einem juristischen Ringen durch mehrere Instanzen gekommen.