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Nach Unfall auf der Autobahn 2 bei Irxleben Nach Unfall auf der Autobahn 2 bei Irxleben: Angst vor dem Helfen am Unglücksort

Von Julius Lukas und Katrin Löwe 02.02.2015, 19:28
Nach der Unfallserie auf der Autobahn 2 Richtung Berlin kümmern sich Rettungskräfte um die Verletzten.
Nach der Unfallserie auf der Autobahn 2 Richtung Berlin kümmern sich Rettungskräfte um die Verletzten. Polizei Lizenz

Halle (Saale) - Sind Autofahrer herzlos oder überfordert? Haben sie die Erste Hilfe verlernt? Die Situation nach einem Unfall auf der A 2 bei Schackensleben (Börde) hat eine große Debatte ausgelöst. Am Samstagabend waren dort mehrere Fahrzeuge zusammengestoßen. Sechs Personen wurden teilweise schwer verletzt, alle drei Fahrstreifen waren blockiert. Einige Autofahrer fuhren jedoch an der Unfallstelle vorbei, ohne den Betroffenen zu helfen. Gegen sie wird nun wegen unterlassener Hilfeleistung ermittelt.

Rettungskräfte teilen die massive Kritik an den Autofahrern. Zwar erwähnen die Retter positiv, dass Autofahrer, die als erstes am Unglücksort eintreffen, fast immer einen Notruf absetzen. Allerdings würden sich die wenigsten trauen, auch Erste Hilfe zu leisten. „Viele haben Angst, etwas falsch zu machen und machen deswegen erst einmal gar nichts“, sagt Thomas Klaube, Stadtwehrleiter in Sangerhausen. Er plädiert deswegen für die regelmäßige Wiederholung von Erste-Hilfe-Kursen.

Auch das Magdeburger Innenministerium appelliert, solche Auffrischungskurse zu besuchen - gemeinsam mit dem DRK ist im Dezember eine Initiative „Zweite Erste Hilfe“ gestartet worden. Zurückhaltend ist das Ministerium bei der Frage, ob sie Pflicht werden sollten. „Wir setzen auf Verständnis der Menschen“, sagt Verkehrsexperte Jörg Kuske. Auch mit einem Argument: Die größere Wahrscheinlichkeit, neben jemandem zu stehen, der Hilfe braucht, existiere zu Hause.

Die Rettungskräfte beklagen indes weitere Autofahrer-Fehler. Wenn sich ein Stau gebildet hat, ist das häufigste Problem eine falsche oder gar nicht gebildete Rettungsgasse. „Wie die aussehen muss, scheinen die Autofahrer immer wieder zu vergessen“, sagt Klaube. Viele Autofahrer würden sich einem Stau schon falsch nähern, ergänzt Veit Raczek von der Autobahnpolizei Weißenfels: „Sie fahren so dicht auf, dass sie kaum rangieren können.“ Andere Retter berichten, dass manche Autofahrer gar nicht wissen, wo die Rettungsgasse zu bilden ist. Besonders folgenschwer sei das bei dreispurigen Strecken. Das führe dazu, dass die Autos kreuz und quer stehen. „Oft müssen sich die Einsatzfahrzeuge regelrecht durch den Stau kämpfen“, sagt Martin Müller von der Feuerwehr Dessau-Roßlau. Die verlorene Zeit fehle dann an der Unfallstelle.

Polizeisprecher Raczek sieht zudem eine Sensationslust: „Viele drosseln die Geschwindigkeit, um sich den Unfall anzuschauen oder sogar Bilder und Videos mit ihrem Mobiltelefon zu machen.“ So werde der Einsatz behindert und der Verkehr aufgehalten. (mz)