1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. MZ-Ferienspaß vom 28. Juli: MZ-Ferienspaß vom 28. Juli: Nico will unbedingt an den Pranger

MZ-Ferienspaß vom 28. Juli MZ-Ferienspaß vom 28. Juli: Nico will unbedingt an den Pranger

Von DETLEF MAYER 28.07.2011, 17:40

KLÖDEN/MZ. - Im Mittelalter wäre das nicht passiert: Nico Renz will unbedingt mal an den Pranger. Der Achtjährige aus Weilburg in Hessen ist aber noch zu klein. Er kann Hände und Hals nicht in die dafür vorgesehenen Aussparungen legen. Deshalb muss er die Hilfe seines großen Bruders Robin (21) in Anspruch nehmen, der ihn hoch hebt und festhält. Nico bedankt sich mit einem leidenden Gesicht.

Die Brüder besuchen zurzeit ihre Großmutter Gudrun Weiße in Bösewig. Am Donnerstag sind sie mit ihr über die Elbe auf die Klödener Burg im Landkreis Wittenberg gekommen, um den MZ-Ferientag rund um die Ritterzeit nicht zu verpassen. "Man kann als Oma den Kindern zwar selbst einiges bieten, aber so etwas eben nicht", sagt Gudrun Weiße und fügt hinzu, dass sie, als Robin noch ein paar Jährchen jünger war, mit ihm auch schon den MZ-Ferienspaß in Anspruch genommen hat.

"Was war ein Knappe?" Lautstark macht sich der Klödener Hofdichter Lothar Günther unter den insgesamt mehr als 250 Besuchern bemerkbar. "Er half dem Ritter aufs Pferd", lautet eine zögerliche Antwort aus den Reihen der kleinen Recken und Prinzessinnen. Viele von ihnen sind tatsächlich kostümiert auf der Burg erschienen. Der Mann mit dem weiten Überwurf und der bunten Mütze fasst schließlich die Wortmeldungen zusammen: "Ein Knappe war der Lehrling der Ritter." Um anschließend grundsätzlich zu werden: "Wie heißt die Zeit, in der die Ritter lebten?" Natürlich Mittelalter, das war nicht schwer. Aber was macht einen Ritter stark? "Kartoffeln und Quark", hallt dem Hofdichter vielstimmig die Antwort entgegen. Er kreiert daraus eine Art "Schlachtruf", der schon mal Vorfreude auf das rustikale Mittagsmahl weckt.

Doch vor dem Genuss standen auch im Mittelalter verschiedene Herausforderungen. Fünf Stationen vom Hufeisen-Werfen bis zum Sandsack-Kegeln warteten am Donnerstag auf die Recken und ihre weiblichen Pendants. Wenigstens drei davon mussten sie meistern und sich ihre Tapferkeit oder ihr Geschick mit einem kryptischen Zeichen auf dem Unterarm bestätigen lassen. Nur dann durften sie später ihren Ritterschlag empfangen und eine entsprechende pergamentene Urkunde in Empfang nehmen.

"Ich war schon beim Schminken und beim Büchsenwerfen", berichtet Lena Marie Sommerlatt aus Dessau-Roßlau stolz, als sie in der Filzerei von Dorothea Cerych aus bunter Wolle eine Fantasie-Blüte zusammenstellt. "Das habe ich vorher noch nie gemacht", sagt die Neunjährige und lässt sich von Oma Sabine Sommerlatt bei der ungewohnten Tätigkeit ablichten. Die Wolle wird mit Seifenwasser benetzt und unter zehnminütigem Reiben zusammengedrückt. Was die Geduld der kleinen Filzer ganz schön strapaziert. Es folgen das Walken, das Abspülen mit Essigwasser und das Trocknen in dicken Tüchern. Erst zu Hause durfte man die Blüte raffen und so in ihre endgültige Form bringen.

"Die Burg anzuschauen, das hat mich am meisten interessiert", beschrieb Julius Ilten aus Mühlbeck bei Bitterfeld seinen persönlichen Tageshöhepunkt. Das Hexenmuseum im Keller mit den Nachbauten der Folterinstrumente ließ die Augen des Jungen besonders leuchten. In einem anderen Raum entdeckte er eine Küche aus Omas Zeiten, auch eine kleine Sensation für einen Siebenjährigen, der keinen Kohleherd mehr kennt. Dafür wusste er das Waschbrett, das dort ebenfalls zu sehen ist, richtig einzuordnen. Was es damit auf sich hat, wurde ihm von seiner Oma schon mal erklärt. "Als meine Mutti geboren wurde, hat die Oma noch damit gewaschen."