MZ-Bericht vom 22. August 1994 MZ-Bericht vom 22. August 1994: Züge der HSB prallten frontal zusammen
Wernigerode/MZ. - Das Unglück hatte sich am gestrigen Sonntag gegen 14.30 Uhr auf der Strecke von Wernigerode zum Brocken unweit des Haltepunktes Steinerne Renne ereignet. Die zwei Züge kollidierten in einer Kurve kurz hinter einer Brücke über einem Forstweg. Vom Brocken war ein mit einer Dampflok gezogener Zug in Richtung Wernigerode unterwegs. Ihm entgegen kam ein ug mit einer Diesellok davor. Bei etwa 30 Stundenkilometern trafen sie in einer Kurve frontal aufeinander. Mehrere Waggons sprangen bei dem Zusammenprall aus den Schienen. Die Wagen hinter den Lokomotiven verkeilten sich.
Die beiden Züge von und zum Brocken waren aufgrund des schönen Wetters voll besetzt gewesen. Es wird vermutet, daß sich in jedem Zug mindestens 200 Fahrgäste befanden. Die Meisten kamen mit einem Schreck davon. 23 von ihnen erlitten aber Verletzungen und mußten dringend zur Notbehandlung in Krankenhäuser eingeliefert werden. Unmittelbar nach Bekanntwerden des Eisenbahnunglücks kamen Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten aus den Landkreise Wernigerode, Halberstadt, Quedlinburg und Goslar den Verunglückten zu Hilfe. Auch zwei Hubschrauber waren zu Rettungsflügen zum Unfallort beordert worden.
Bis zur Unglücksstelle vorzudringen war durch die Forststraße für die Helfer relativ einfach. Doch der Zusammenstoß ereignete sich neben einer Brücke über dem Weg. So mußte von den Hilfskräften eine steile Böschung überwunden werden. Feuerwehrleute hatten zu tun, die Fahrgäste in Sicherheit zu bringen und die Verletzten zu bergen. Eine eingeklemmte Person konnte trotz des emsigen Einsatzes erst nach etwa zwei Stunden aus ihrer mißlichen Lage befreit werden.
Die Schwerverletzten sollen nach Polizeiangaben vor allem Verbrennungen erlitten haben. Ein Brand ist aber bei dem Zusammenprall der Züge nicht entstanden. Vielmehr kam es zu den Verletzungen wahrscheinlich durch ausströmendes kochendes Wasser aus den Lokomotiven. Über die Unfallursache konnte die Polizei am gestrigen Abend noch keine Angabe machen.
Die Kriminalpolizei sowie die Staatsanwaltschaft haben die Ermittlungen aufgenommen, wurde mitgeteilt. Sie müssen klären, wie es passieren konnte, daß zwei Züge zugleich auf eine einspurige Strecke geschickt wurden. Menschliches Versagen oder ein technischer Defekt können als Ursache unter anderem in Frage kommen. Auch Innenminister Manfred Püchel (SPD) hatte sich kurz nach Bekanntwerden des Unglücks an den Unfallort begeben.