Mitteldeutschland Mitteldeutschland: Platzhirsch kämpft um S-Bahn-Revier

Halle - Diese Schlappe will die Deutsche Bahn nicht so einfach hinnehmen: Die Tochter DB-Regio ficht die geplante Vergabe eines Teils des mitteldeutschen S-Bahn-Verkehrs an den Konkurrenten Abellio an. „Die Bahn hat einen Nachprüfungsantrag gestellt“, sagte Klaus Rüdiger Malter, Geschäftsführer von Sachsen-Anhalts Nachverkehrsgesellschaft Nasa. Für DB-Regio geht es um einen Milliarden-Auftrag und den Erhalt hunderter Arbeitsplätze in der Region.
In einer Ausschreibung hatte Abellio, eine Tochter der niederländischen Staatsbahn, Anfang März den Zuschlag erhalten, ab Ende 2015 mit eigenen Zügen im Raum Halle (S-Bahn-Netz Teil II) zu fahren. Auftragswert: 1,1 Milliarden Euro. DB-Regio, die bisher auf den Strecken fährt, ging leer aus.
Auftraggeber sind die Länder Sachsen-Anhalt und Brandenburg sowie der Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig. In Zukunft sollen auf den Linien neue Züge mit Klimaanlage und Ticketautomaten an Bord fahren. „Abellio hatte am Ende das beste Paket vorgelegt“, begründete Malter die Vergabe zuletzt. Bei der Entscheidung habe zu 80 Prozent der Preis und zu 20 Prozent die Qualität des Service eine Rolle gespielt.
Dies will DB-Regio jetzt noch einmal prüfen lassen. Der Fall landet vor der zweiten Vergabekammer am Landesverwaltungsamt in Halle. Das Prozedere gleicht einem Klageverfahren vor Gericht. Der Vorsitzende der Vergabekammer, Laurent Oanea, erklärt: „Wir werden Stellungnahmen von den Beteiligten einholen und eine mündliche Anhörung durchführen.“ Eine Entscheidung ist erst in einigen Wochen bis Monaten zu erwarten.
Was die Bahn an der Vergabe beanstandet, bleibt vorerst im Dunkeln. „Aufgrund des laufenden Verfahrens können wir uns dazu nicht äußern“, sagte ein Bahn-Sprecher. Nach MZ-Informationen werden häufig öffentliche Ausschreibungen wie diese angefochten, die Erfolgsaussichten sind von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. DB-Regio steht in Mitteldeutschland unter Druck. Nicht nur ein Teil des S-Bahn-Verkehrs droht das Unternehmen zu verlieren, zuletzt erhielt Abellio bereits den Zuschlag, ab Ende 2015 auf dem Saale-Thüringen-Südharz-Netz (unter anderem die Strecken Halle-Kassel und Halle-Erfurt) zu fahren.
Die Beschäftigten von DB-Regio fürchten um ihre Jobs: „800 Eisenbahnerfamilien bangen um ihre Existenz in Sachsen-Anhalt“, schreibt der DB-Regio-Betriebsrat Halle in einem offenen Brief an die Landesregierung. Die Mitarbeiter von DB-Regio verlieren zwar nicht automatisch ihren Job - könnten aber in anderen Bundesländern eingesetzt werden. Abellio hat angekündigt, Hunderte neue Jobs zu schaffen. Die Konditionen sind laut Gewerkschaften aber schlechter als bei der Bahn.