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Frau von Erich Honecker Margot Honecker: Die Eiserne Lady der DDR

Erst kürzlich hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) aus Dessau als "grüne Margot Honecker" bezeichnet. Doch wer war die Frau überhaupt?

Von Peter Kosfeld Aktualisiert: 16.02.2024, 10:33
Der ehemalige DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker mit seiner Frau Margot beim 750-jährigen Jubiläum der Stadt Berlin im Jahr 1987.
Der ehemalige DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker mit seiner Frau Margot beim 750-jährigen Jubiläum der Stadt Berlin im Jahr 1987. Foto: picture alliance / dpa | Wilfried Glienke

Berlin/dpa/DUR - Margot Honecker war in der DDR weit mehr als die Frau an der Seite Erich Honeckers. Sie war nicht unbedingt das, was heute unter "First Lady" verstanden wird und trat als repräsentative Begleiterin ihres mächtigen Mannes öffentlich auch selten in Erscheinung.

Vielmehr war sie eine eigenständige politische Kraft mit Amt und Mandat. Wo sie auftrat, stand nicht der Glamour im Vordergrund, sondern die Fachpolitik, stets umrahmt von ihrer kommunistischen Grundüberzeugung, die auch im stärksten Gegenwind nie ins Wanken geriet.

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Als Frau aus einfachen sozialen Verhältnissen machte sie es sich zur Aufgabe, Bildung und die kommunistische Ideologie in das Volk zutragen. Mehr als ein Vierteljahrhundert lang wirkte Margot Honecker als Volksbildungsministerin der DDR in diesem Sinne.

Inzwischen ist die DDR seit über 30 Jahren Geschichte, mit der Mauer in Berlin ist eine ganze Weltordnung gekippt, Margot Honecker lebte dann nicht mehr in Deutschland, sondern im chilenischen Exil, aber ihre politischen Grundüberzeugungen sind dieselben geblieben. In Santiago de Chile ist Margot Honecker dann auch bis zu ihrem Tod geblieben.

Margot Honecker, Witwe des früheren DDR-Staats- und Parteichefs Erich Honecker, im chilenischen Dorf Pomaire (aufgenommen 2011).
Margot Honecker, Witwe des früheren DDR-Staats- und Parteichefs Erich Honecker, im chilenischen Dorf Pomaire (aufgenommen 2011).
Foto: picture alliance / dpa | Frank Schumann

Margot Honecker in Halle geboren und später in SED eingetreten

Margot Feist wurde am 17. April 1927 in Halle an der Saale in ein kommunistisches Elternhaus hineingeboren und hatte vermutlich nie die Chance, ein eigenes, unabhängiges Weltbild zu entwickeln. Ihr Vater Gotthard war Schuhmacher und in der Kommunistischen Partei (KPD) aktiv, ihre Mutter Arbeiterin in einer Fabrik.

Die Nazis verfolgten ihren Vater ebenso wie ihren späteren Mann Erich. Margot besuchte die Volksschule, absolvierte eine kaufmännische Lehre, arbeitete als Telefonistin und trat bereits 1945 der KPD bei, die ein Jahr später in der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) aufging.

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Die junge, linientreue Margot wurde nach dem Krieg von den SED-Kadern systematisch als Führungskraft im Osten Deutschlands aufgebaut. Nach herausgehobenen Positionen in der Jugendorganisation Freie Deutsche Jugend (FDJ) und der Pionierorganisation "Ernst Thälmann" schaffte sie mit 22 Jahren den Sprung in die Volkskammer.

Als jüngste Abgeordnete des Ost-Parlaments wurde sie 1950 Kandidatin des SED-Zentralkomitees und 1963 dessen Vollmitglied. Mitglied im mächtigen Politbüro war sie allerdings nie.

Margot Honecker: Zielstrebig, ehrgeizig, machtbewusst

Margot Honecker war in der DDR sicher ein Machtfaktor auch über ihren Ministerposten hinaus. Allerdings bleibt unscharf, in welcher Weise sie womöglich konkret Einfluss nahm auf die Politik ihres Mannes, der 1971 zum 1. Sekretär des ZK der SED (Parteichef) und 1976 zum neuen Staatsratsvorsitzenden gekürt wurde.

Sie wird als sehr zielstrebig, ehrgeizig, machtbewusst und intelligent beschrieben. Zeitzeugen erinnern sich daran, dass Margot Honecker an der Seite ihres Mannes zudem eine elegante Erscheinung war.

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Sie konnte charmant sein und punktete auf Fachkonferenzen mit Schlagfertigkeit und präzisen Formulierungen. Dass die Ministerin ihre Haare eigenwillig mit einem Blauschimmer färbte, brachte ihr im Volk die Beinamen "Blaue Eminenz" oder "Lila Drachen" ein, andere nannten sie nur Margot.

Manche Zeitzeugen behaupten, sie sei im Volk verhasst gewesen, andere erinnern sich daran, dass sie wegen ihrer harten politischen Gangart vor allem zum Ende ihrer politischen Laufbahn auch gefürchtet war.

Wehrkundeunterricht in DDR: Margot Honecker militarisierte Schulen

Das Schulsystem in der DDR, für das sie über viele Jahre die Verantwortung trug, galt einerseits als streng dogmatisch im Sinne des Sozialismus, andererseits in Naturwissenschaft und Technik als faktenorientiert und damit im gewissen Sinne als fortschrittlich.

Die durchgängige professionelle soziale und fachliche Betreuung junger Leute vom Kindergarten an gilt heute wieder als wegweisendes Modell. Kindergarten und Schule in der DDR waren nach Einschätzung von Bildungsfachleuten besser, als Politiker im Westen nach der Wende lange Zeit wahrhaben wollten. Raum für individuelle Kreativität blieb an Schulen in der DDR allerdings kaum.

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Margot Honecker stieg 1963 an die Spitze des Volksbildungsministeriums auf und blieb ein Vierteljahrhundert in dieser Funktion, bis sie im Revolutionsjahr 1989 von ihrem Amt entbunden wurde.

1978 sorgte Margot Honecker mit dem Wehrkundeunterricht samt Ausbildung an Waffen für die 9. und 10. Klassen für eine Militarisierung der Schule, was insbesondere die Kirchen, aber auch viele Eltern störte, zumal dies im Gegensatz zur offiziellen Friedenspropaganda des Staates stand.

Ihre noch im Sommer 1989 vorgetragene Devise lautete, der Sozialismus müsse notfalls auch "mit der Waffe in der Hand" verteidigt werden.

Margot und Erich Honecker auf der Flucht von Deutschland nach Moskau und Chile

Mit der politischen Wende im Herbst 1989 waren die Honeckers auf der Flucht - vor der Presse, vor der Justiz, vor aufgebrachten Bürgern. Aus der Prominentensiedlung in Wandlitz nahe Berlin vertrieben, fand das vorübergehend obdachlose Ehepaar zunächst eine Bleibe bei Pfarrer Uwe Holmer in Lobetal nahe Bernau und später in einem sowjetischen Militärhospital im brandenburgischen Beelitz.

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Nach einem juristischen und diplomatischen Tauziehen und einer zwischenzeitlichen Flucht nach Moskau zog zunächst Margot Honecker zu ihrer Tochter nach Chile, später auch Erich Honecker.

1992 ermittelte die Berliner Staatsanwaltschaft gegen Margot Honecker, nachdem bekannt wurde, dass in der DDR unter ihrer Verantwortung Kinder von verurteilten Eltern zur Zwangsadoption freigegeben wurden. Sie bestreitet diese Darstellung.

Margot Honecker ist dann am 6. Mai 2016 mit 89 Jahren in ihrem Exil in Santiago de Chile gestorben.