Magdeburg im Zweiten Weltkrieg Magdeburg im Zweiten Weltkrieg: Bombardierung forderte weniger Tote als in der DDR behauptet

Magdeburg - Bei der Bombardierung Magdeburgs am 16. Januar 1945 sind deutlich weniger Menschen ums Leben gekommen, als in den 80er Jahren von der DDR und heute von Rechtsextremisten behauptet wurde. Statt 16 000 Toten sei eine Zahl zwischen 2000 und 2500 Toten realistisch, heißt es in einer Broschüre der Landeszentrale für Politische Bildung, die am Mittwoch vorgestellt wurde. Am diesem Samstag will die Stadt mit einer Meile der Demokratie ein Zeichen gegen Gewalt und Rechtsextremismus setzen, wie Oberbürgermeister Lutz Trümper (parteilos) bei der Präsentation des Konzepts und der Broschüre sagte.
Trümper sagte, die Zahl der Toten sei mit Sicherheit deutlich kleiner als heute von Rechtsextremisten behauptet. Er gehe von etwa 2.000 bis 4.000 Toten aus, um auf der sicheren Seite zu sein. Auch in der Broschüre heißt es, dass sich eine genaue Zahl nicht mehr ermitteln lasse.
Instrumentalisierung des 16. Januar 1945
Die Landeszentrale beruft sich bei ihren Daten unter anderem auf eine Zusammenstellung, die zwei Mitarbeiterinnen des Stadtarchivs von Magdeburg 2003 veröffentlicht hatten. Landeszentralen-Direktor Maik Reichel erklärte in einem Grußwort, in der Broschüre gehe es um die Instrumentalisierung des 16. Januar 1945 - und den Widerstand dagegen.
Der Untersuchung zufolge kamen bereits kurz nach der Bombardierung Gerüchte auf, in denen von weit mehr als 10.000 Toten gesprochen wurde. In den 1980er Jahren habe dann die DDR im Ost-West-Konflikt Magdeburg als „Märtyrerstadt“ dargestellt - mit 16 000 Toten allein an einem Tag. Die Stadtoberhäupter hätten Magdeburg als das „Nagasaki der DDR“ inszeniert - in Bezug zu der von einer US-Atombombe zerstörten japanischen Stadt Nagasaki.
Nazis instrumentalisieren Tote
Nach der Wende hätten dann ab Mitte der 1990er Jahre Rechtsextreme versucht, den Gedenktag für sich zu instrumentalisieren. 2014 sei sogar ein Flugzeug mit einem Transparent und der Aufschrift „16.000 Tote - Unvergessen“ über Magdeburg gekreist, was in der rechten Szene als Erfolg gefeiert werde. „Obwohl historische Lokalforschungen diese Opferzahl bereits Mitte der 1980er Jahre korrigierten, sorgt sie bis heute für eine große Resonanz in Teilen der Bevölkerung“, heißt es in der Broschüre. „Die genannte Opferzahl entbehrt jedoch jeder wissenschaftlichen Kenntnis.“
In Dresden hatte eine eigens eingesetzte Historikerkommission die Zahl der Toten bei Bombenangriffe untersucht und war ebenfalls zu deutlich niedrigeren Zahlen als zuvor angenommen gekommen.
Aufmärsche haben immer weniger Zulauf
In den vergangenen Jahren gab es zum Jahrestag der Bombardierung Magdeburg teils größere Aufmärsche von Neonazis, die aber zuletzt immer weniger Zulauf hatten. „Die Masse der Leute will mit denen nichts zu tun haben“, sagte Trümper. Dieses Jahr ist bislang lediglich eine kleinere Demonstration aus dem Umfeld der Magida angemeldet, die zuletzt aber nur noch wenige Dutzend Teilnehmer zählte.
Zur Meile der Demokratie kamen vergangenes Jahr 15 000 Menschen. Auch in diesem Jahr werden wieder zahlreiche Stände in der Innenstadt aufgebaut, zu den Gastrednern zählt auch Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Das inzwischen achte Straßenfest sei ein Signal für eine friedliche, tolerante und bunte Stadt, die Gewalt und verbale Hetze ablehne, sagte Trümper. Das wichtigste Ziel, den Aufmarsch von Neonazis direkt in der Innenstadt zu verhindern, sei damit bereits erreicht. (mz)