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Gewaltorgie in JVA Gewaltorgie in JVA: Häftlinge zu Gefängnisstrafen verurteilt

16.11.2017, 13:40
Die Justizvollzugsanstalt (JVA) Leinestrasse in Leipzig.
Die Justizvollzugsanstalt (JVA) Leinestrasse in Leipzig. Wolfgang Zeyen

Leipzig - Weil sie einen Zellengenossen schwer misshandelt und sexuell gedemütigt haben, sind zwei ehemalige Insassen der JVA Leipzig zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. „Das war eine Ausuferung von Gewalt, die man nicht hinnehmen möchte, die man nicht hinnehmen muss“, sagte der Vorsitzende Richter Jens Kaden am Donnerstag am Leipziger Landgericht. (Az: 6 KLs 433 Js 3968/17)

Nach Überzeugung des Gerichts schlugen die beiden mehrfach vorbestraften Männer an einem Abend im Januar in einer Vierer-Zelle den Mitgefangenen zusammen, schnitten ihm in den Penis und zwangen ihn, mit einer Schlinge um den Hals von einer Fensterbank zu springen. Das Opfer erlitt mehrere Knochenbrüche, Hämatome und Wunden.

Nun sprach die Kammer die beiden 26 Jahre alten Angeklagten unter anderem wegen besonders schwerer sexueller Nötigung und gefährlicher Körperverletzung schuldig und verhängte gegen sie Freiheitsstrafen von sechs Jahren beziehungsweise sechs Jahren und einem Monat. Sie sitzen derzeit bereits wegen früherer Delikte in Haft. Ein Motiv der beiden Männer konnte in dem Prozess nicht ermittelt werden. „Man hofft, dass sie sich vor sich selbst erschrocken haben“, sagte der Vorsitzende Richter.

Prozess gegen Häftlinge: Opfer erscheint nicht vor Gericht

Die beiden Verurteilten hatten die Gewalt in der Zelle weitgehend eingeräumt. Im Gegenzug hatten sie von den Richtern ein maximales Strafmaß zugesichert bekommen.

Einige ausgesprochen makabre Tatvorwürfe, die zu einer Anklage wegen besonders schwerer Vergewaltigung geführt hatten, wurden hingegen fallen gelassen. Die Taten konnten den Beschuldigten nicht nachgewiesen werden. Das Opfer selbst sagte vor Gericht nicht gegen seine Peiniger aus. Der Mann erschien trotz mehrfacher Einladung nicht vor Gericht. Möglicherweise schäme er sich oder habe Angst, sagte Kaden.

Er machte bei der Urteilsverkündung die „verfehlte Sparpolitik“ des Freistaats dafür mitverantwortlich, dass es zu dem Gewaltexzess kommen konnte. Die JVA sei chronisch mit zu wenig Personal ausgestattet, „die Mitarbeiter kommen an ihre Grenzen“, stellte Kaden fest. In der Tatnacht waren zeitweise nur zwei Beamte für die Aufsicht des gesamten Gefängnisses zuständig. Bis heute hat sich die Lage nicht wesentlich gebessert, wie mehrere als Zeugen geladene JVA-Beamte aussagten.

Daneben kritisierte Kaden eine „verfehlte Flüchtlingspolitik“. Wegen der Vielzahl straffälliger junger Männer, die nach Deutschland gekommen seien, seien die Gefängnisse überfüllt. Das erhöhe das ohnehin große Konfliktpotenzial in den Anstalten.

Ein dritter Angeklagter, der während der mehrstündigen Gewaltorgie mit in der Zelle gewesen war und nicht einschritt, wurde wegen unterlassener Hilfeleistung verurteilt und muss noch ein Jahr und zehn Monate im Gefängnis bleiben. (dpa)