Von Zschornewitz zu RB Leipzig Von Zschornewitz zu RB Leipzig: Anna Maria ist Poulsens Glücksbringer

Zschornewitz - Yussuf Poulsen ist der Mann des Tages. Der 24-jährige Bundesligaprofi trifft gegen Bayer Leverkusen gleich zweimal. Und so gewinnt RB Leipzig ein wichtiges Punktspiel im Kampf um die internationalen Plätze klar mit 3:0.
„Ich war sein Glücksbringer“, sagt spontan Anna Maria Witte auf der Tribüne. Die siebenjährige F-Jugend-Fußballerin von Turbine Zschornewitz, eine Allrounderin, die mit den Jungs kickt; darf mit dem dänischen Nationalstürmer Hand in Hand auf das Feld laufen. Zeit für persönliche Gespräche bleibt im minutiös durchgeplanten Bundesliga-Geschäft kaum. Schließlich überträgt ein TV-Sender das Spiel live. Poulsen nimmt sich aber die Zeit, um dem Mädchen Tipps zu geben, wann es in die Kameras beziehungsweise den Zuschauern - die Red-Bull-Arena ist mit mehr als 35 000 Zuschauern fast voll besetzt - am besten zuwinkt.
Das ist ein großer Augenblick für die Schülerin der zweiten Klasse, die zu Hause praktisch alle Fanartikel des Leipziger Klubs hat. Die ganze Familie ist fußballbegeistert und RB-Anhänger. „Ich eher notgedrungen“, gesteht Birgit Witte, die für den großen Moment gesorgt hat. Die Idee allerdings hatte der elfjährige Sohn Hans, der in Zschornewitz im Ruderverein aktiv ist. Der Steppke hat im Radio gehört, dass sich Kinder für dieses Bundesliga-Ritual bewerben können.
„Wie man das dann so als Mutter macht, habe ich gleich beide Kinder angemeldet“, erzählt Brirgit Witte. 4 000 Bewerbungen gingen beim Radiosender für die 22 Plätze ein. Das Los entschied sich für das Mädchen, das zu den Lieblingsfächern an ihrer Grundschule in Zschornewitz Sport, Zeichen, Deutsch und Musik zählt. „Mathe eher nicht“, verrät die Mutter, die durchaus ihrem Sohn gegenüber in Erklärungsnot geraten ist. Aber der gemeinsame Ausflug und die Stadionatmosphäre wurden für die ganze Familie zum Erlebnis, schließlich ist auch der Vater RB-Anhänger. „Früher war er Fan von Bayern München“, verrät Birgit Witte. Die Entscheidung ist mit dem Blick auf die aktuelle Bundesliga-Tabelle - die Leipziger liegen auf Rang drei und der Serienmeister auf Platz fünf - nicht die schlechteste.
Allerdings laufen auch in München Kinder Hand in Hand mit den Bundesliga-Profis wie in allen großen Fußballstadion ein: Das ist heute ein vertrauter Anblick vor Bundesliga- oder Champions-League-Spielen.
Dieses Ritual geht übrigens auf einen Besuch von Willi Lemke in Brasilien zurück. Als der damalige Manager von Werder Bremen 1994 von einem Aufenthalt in Sao Paulo zurückkam, hatte er zwei Importe im Gepäck: Von eher kurzer Dauer war die Verpflichtung des Abwehrrecken Junior Baiano, der ab der folgenden Saison die deutsche Kälte erdulden musste und den es nach nur eineinhalb Jahren zurück in die Wärme seiner Heimat zog. Von dauerhafter Wirkung nicht nur für Werder Bremen, sondern für das Spektakel Fußball, war das, was Lemke bei der Beobachtung des wankelmütigen Spielers gesehen hatte: Als die 22 Akteure auf das Feld in Sao Paulo marschierten, führten sie 22 Kinder an der Hand.
Lemke, als Manager, Politiker und Funktionär schon immer ein Mensch mit Gespür für emotionale und wirtschaftlich lohnenswerte Errungenschaften, war begeistert. Diese Aktionen, heute Standard vor jedem nationalen und internationalen Profifußballmatch, hielten ab der Saison 1995/96 Einzug in den deutschen Fußball. Werder Bremen war der Vorreiter dieser Erfolgsgeschichte.
(mz)
