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Verabschiedung von Helga Welz Verabschiedung von Helga Welz: Ortsbürgermeisterin hat gestritten für die Sache

Von Ute Otto 24.02.2017, 08:02
Auf die Unterstützung der Prettiner Gewerbetreibenden, hier Roland Görmer von der PM-CNC Gussbearbeitung GmbH, konnte Helga Welz als Ortsbürgermeisterin immer zählen.
Auf die Unterstützung der Prettiner Gewerbetreibenden, hier Roland Görmer von der PM-CNC Gussbearbeitung GmbH, konnte Helga Welz als Ortsbürgermeisterin immer zählen. Sven Gückel

Prettin - Für ihre letzte Ansprache als Ortsbürgermeisterin von Prettin hat Helga Welz ein Manuskript vorbereitet. „Ich kann das nicht so aus dem Hut, sonst fange ich noch an zu flennen“, erklärt sie den Gästen, die Donnerstag zu ihrer Verabschiedung aus diesem Ehrenamt ins Rathaus gekommen sind.

Emotional wird es trotzdem. Schon als die 75-Jährige schildert, was sie für sich selbst als Erfolge und Niederlagen aus den zurückliegenden 16 Jahren verbucht.

Kurz nachdem sie 2001 als parteilose Einzelkandidatin zur Bürgermeisterin gewählt wurde, habe sie das erste Vereins- und Schlossgartenfest mit einem Umzug durch den Ort organisiert. Es habe sie gerührt, wie glücklich viele ältere Bürger über das Wiederaufleben von Traditionen waren.

Das habe sie bestärkt: „Ich kann Freude organisieren, Freude und Zusammenhalt“. Doch stattdessen „wurde es Leid“ - 2002 als die Elbeflut auch Prettin und die umliegenden Ortschaften überschwemmte. Da lernten viele Helga Welz richtig kennen.

Als beherzte, zupackende Person, die mit dem Traktor durch den evakuierten Ort fährt und das zurückgelassene Vieh der Bewohner versorgt. Als mütterliche Frau, die Trost und Mut zuspricht. Und als resolute Streiterin, die kein Blatt vor den Mund nimmt und einfordert, dass übergeordnete Behörden und Politiker ihre Verantwortung gegenüber den Bürgern in der Stadt wahrnehmen.

„Wir haben das durchgestanden, weil wir füreinander da waren. Die Prettiner haben zueinander gestanden“, sagt sie rückblickend und bekennt weiter: „Es hat mich traurig gemacht, dass es bald wieder auseinander fiel.“

Als für sie größte Niederlage bezeichnet sie aber die Eingemeindung von Prettin nach Annaburg, obwohl sich die Bürger in Befragungen und Anhörungen deutlich dagegen gewandt hatten.

„Ich war da manchmal richtig bösartig“ sagt sie über ihr damaliges Verhältnis zur Landespolitik und fügt zur Entschuldigung hinzu: „Es war immer für die Sache“.

Gekämpft hat sie für den Erhalt der KZ-Gedenkstätte Lichtenburg, was letztlich mit der Übernahme durch die Landesstiftung in Erfolg mündete. Dass nun am Schloss gebaut wird und die Räume unter Regie des Jessener „Wir“-Vereins mit Leben erfüllt werden, ist für sie Genugtuung.

„Gekracht“ hat sie sich zuweilen auch mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Ulrich Petzold. Aber, so wendet er sich an die scheidende Ortsbürgermeisterin: „Du hast nie die Person angegriffen.“ Prettin hätte heute keine 1.000 Einwohner mehr, „wenn nicht Helga Welz beim Hochwasser da gewesen wäre und den Wiederaufbau so gut gemanagt hätte“.

Es müsse sogar sein, meint er, dass die Menschen hier im Dreiländereck ab und zu laut rufen, „weil zu wenig hergeguckt wird“. 2011 hatte Prettin 2.300 Einwohner, jetzt sind es noch 1.680. Das macht Helga Welz Sorgen. Die Jugend sei der Arbeit nachgezogen.

Bald seien drei Viertel der Einwohner Rentner. „Darauf muss sich die neue Politik einstellen“, sieht sie eine Aufgabe für ihren Wunsch-Nachfolger Mike Lange.

Hoffnungsträger ist für sie die Ortsfeuerwehr. „Big Mama“ wird sie laut Klaus-Rüdiger Neubauer von den Kameraden genannt.

Der Bürgermeister der Stadt Annaburg, konfrontiert mit Helga Welz’ Bitte, dass ihre Verabschiedung „keine Lobhudelei und kein politischer Nachruf“ werden möge, findet die richtigen Worte, um ihre Rastlosigkeit zu beschreiben: „Wer sie kennt, wird wissen, dass es ihr nicht leicht fallen wird, wirklich Zeit für sich zu nutzen. Sie wird weiter den Finanzausschuss leiten, in der Lichtenburg nach dem Rechten sehen, im Stadtrat mitbestimmen.“

Sie müsse tatsächlich aufpassen, stimmt Helga Welz zu, „dass ich mich nicht in alles reinhänge“. (mz)

Die große Gruppe aus dem „Haus der kleinen Knirpse“ brachte zu ihrer Verabschiedung ein Ständchen.
Die große Gruppe aus dem „Haus der kleinen Knirpse“ brachte zu ihrer Verabschiedung ein Ständchen.
Sven Gückel