1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Wittenberg
  6. >
  7. Verkehr : Überweg Jüdenberg: Gefährliche Warteschleife in Jüdenberg

Verkehr  Überweg Jüdenberg: Gefährliche Warteschleife in Jüdenberg

Von Ulf Rostalsky 08.12.2016, 06:00
Um die Sicherheit der Kinder, die über die Bundesstraße B107 müssen, sorgen sich die Jüdenberger. Doch bisher gibt es keinen Zebrastreifen.
Um die Sicherheit der Kinder, die über die Bundesstraße B107 müssen, sorgen sich die Jüdenberger. Doch bisher gibt es keinen Zebrastreifen. Thomas Klitzsch

Jüdenberg - Wolfgang Zemelka (Linke) ist sauer. Zum Dorffest Anfang Juni hatte der Ortsbürgermeister ein offizielles Schreiben des Landkreises Wittenberg an den Gräfenhainichener Rathauschef weitergeleitet bekommen. Dessen Kernaussage war, dass Jüdenberg auf der vielbefahrenen Bundesstraße 107 einen Fußgängerüberweg erhalten soll. „Ich bin völlig enttäuscht. Wir haben bis heute keinen Zebrastreifen. Und ich dachte, das geht relativ schnell.“

Wittenbergs Vize-Landrat Jörg Hartmann (CDU) hatte im Schreiben über eine beabsichtigte verkehrsrechtliche Anordnung informiert. Er wies außerdem darauf hin, dass unter anderem die Landesstraßenbaubehörde einen Beschilderungsplan erstellen müsse. Im Schlusssatz trat er jedoch deutlich auf die Bremse. „Als Zeitraum für die Errichtung eines Fußgängerüberwegs ist im Regelfall von mehreren Monaten auszugehen.“

Dass seit der Willensbekundung mittlerweile ein halbes Jahr ohne sichtbare Aktionen ins Land gegangen ist, stößt Wolfgang Zemelka bitter auf. „Die Leute fragen mich. Die haben alle nicht vergessen, dass es die Zusage gab. Nicht mehr lange und wir legen hier wieder los“, fügt der Ortsbürgermeister hinzu.

Die Jüdenberger scheuen nicht vor öffentlichkeitswirksamen Aktionen und hatten bereits im Herbst 2015 mit einer Demonstration die Bundesstraße 107 für eine halbe Stunde stillgelegt. „Es geht um Sicherheit. Um Kinder und ältere Personen.“

Auch im Gräfenhainichener Rathaus ist der Jüdenberger Fußgängerüberweg ein Dauerthema. „Den Leuten ist wirklich schwer zu erklären, warum das alles so lange dauern muss. Auf den ersten Blick sind es doch nur ein paar Markierungen auf der Straße“, redet Bürgermeister Enrico Schilling (CDU) nicht um den heißen Brei herum.

Die Jüdenberger Bürgerschaft sorgt sich seit Jahren um die Sicherheit der Kinder und Senioren des Ortes. Wenn die zur Schulbushaltestelle oder ins Bürgerhaus wollen, müssen sie im Regelfall die vielbefahrene Bundesstraße 107 überqueren. Deshalb fordern die Einwohner des Ortes immer wieder, mit Tempo 30 oder einem Fußgängerüberweg für eine Entschärfung der Situation zu sorgen.

Das Tempolimit wurde mit Verweis auf die bauliche Beschaffenheit und Einsehbarkeit der Fernstraße jedoch von den Behörden abgelehnt.

Ein Fußgängerüberweg wurde mittlerweile in Aussicht gestellt.

Als Verwaltungschef sind ihm allerdings auch die Mühlen der Bürokratie bekannt. Für einen Zebrastreifen braucht es diverse Vorarbeiten: einen Beschilderungs- und Markierungsplan, Stellungnahmen der Polizei und Daten, die Aufschluss über das Verkehrs- und Fußgängeraufkommen geben.

Nach MZ-Informationen hat der Landkreis Wittenberg mittlerweile die verkehrsrechtliche Anordnung zur Errichtung eines Fußgängerüberwegs getroffen. Dabei soll sich der Kreis wie bereits im Schreiben vom Juni auf einen Ausnahmefall der Richtlinien für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen berufen.

Die Vorschrift besagt, dass ein Überweg machbar ist, wenn in einer Stunde wenigstens 200 Kraftzeuge rollen und 50 Fußgänger die Straße passieren. Ausnahmen, so heißt es außerdem, wären in begründeten Ausnahmefällen möglich.

Ein solcher existiert in Jüdenberg offenbar. Zwar erreicht der Ort laut einer offiziellen Verkehrszählung die geforderte Zahl von Fußgängern nicht. Das nötige Aufkommen wird aber weit überschritten. Auch die Landesstraßenbaubehörde brachte eine Zahl von gut 5000 Fahrzeugen ins Spiel, die pro Tag durch Jüdenberg rollen.

Oliver Grafe ist zuständiger Regionalbereichsleiter Ost der Behörde. Eine Antwort auf die Frage, warum der Überweg bis heute nicht errichtet ist, gibt er nicht. „Es handelt sich um ein laufendes Verfahren. Da kann ich keine Auskunft geben.“

Fest steht, dass das Landesverwaltungsamt als übergeordnete Einrichtung die Aufsichtsbehörde des Landkreises ist und dessen Entscheidung rechtlich zu verfolgen hat. Ob das Amt in Halle Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wittenberger Zusage hat, ist nicht bekannt. Anfragen der MZ zum Sachverhalt Fußgängerüberweg in Jüdenberg sind bis jetzt nicht beantwortet. (mz)

Während einer Demonstration im September 2015 gab es schon mal den Zebrastreifen - als Teppich.
Während einer Demonstration im September 2015 gab es schon mal den Zebrastreifen - als Teppich.
Archiv/Klitzsch