Tanzen Tanzen: Wittenbergs Tanznachwuchs ist vorn mit dabei

wittenberg/MZ - „Tanzen ist wie Singen mit dem Körper“ - dieses Zitat steht auf der Internetseite des TSV Schwarz-Gelb Wittenberg. Es sind Worte, deren Sinn jeder spürt, wenn er sich wiegend - in Harmonie mit Musik und Partner - auf dem Parkett bewegt.
Hartes Training ist nötig
Wer es darüber hinaus zur Meisterschaft bringen will, weiß, dass hartes Training nötig ist. Denn Turniertanz ist Wettkampf. So wie in allen sportlichen Ausscheiden geht es darum, Talent mit antrainierten Fertigkeiten brillant in Szene zu setzen. Das gelingt dem TSV offenbar immer besser. TSV-Vereinsvorsitzende Andrea Ullrich nicht ohne Stolz: „Wir sind zurzeit einer der beiden Vereine im Land, der mit der größten Anzahl an Kinderpaaren die meisten oberen Plätze belegt.“ Der andere Verein ist übrigens der TC Magdeburg.
Die Wittenberger Erfolge dürften auch Jonatan Rodriguez Peres anzurechnen sein, der seit drei Jahren den hiesigen Nachwuchs trainiert. Der seit 2004 in Berlin lebende erfolgreiche Turniertänzer konnte schon als Zehnjähriger in seiner spanischen Heimat erste Erfolge verbuchen. Er vermag seinen Eleven das umfangreiche tanztechnische Können so beizubringen, dass sie nicht ermüden. Zu seinen Schülern gehören die Tanzpaare Richard Barthel (10 Jahre) und Josie Richter (9), Max Winkler (14) und Hanna Barthel (14) sowie Tony Herrmann (13) und Maike Richter (11). Richard und Hanna aus Jessen sind Geschwister, ebenso Josie und Maike aus Wittenberg.
Nicht nur ein Landesmeistertitel
Richard und seine Tanzpartnerin Josie sind jetzt etwa so alt, wie einst ihr Tanzlehrer Rodriguez, als dieser seine ersten Erfolge feierte – und seine Schüler eifern ihm nach: Richard und Hanna jubelten im Vormonat in Zerbst gleich zweifach auf dem Siegertreppchen. Sie wurden Doppellandesmeister in den Startklassen Kinder D und C (Latein). Im Herbst - so ihr großes Ziel - möchten sie in die C-Klasse (Standard) aufsteigen. Für Richard ist Josie ein „Glückstreffer“, wie er prompt sagt, und das Mädchen gibt das Kompliment zurück. Beide haben 2010 mit dem Tanztraining begonnen und fanden kurz danach zusammen. Auch Richards Schwester Hanna tanzt seit dieser Zeit im Wittenberger Verein – und ist seit sieben Monaten die Partnerin von Max Winkler aus Kemberg.
Die ersten Erfolge sind beachtlich: Hanna und Max errangen den Vize-Landesmeister Junioren II D und den Landesmeister Jugend D (Latein). „Spätestens im Oktober möchten wir in die Juniorenklasse II C aufsteigen“, verrät Hanna. Babett Winkler, die Mutter von Max, freut sich über den Enthusiasmus ihres Sohnes und der anderen Nachwuchstänzer. Als Sportwartin erfüllt sie im Vorstand des TSV Aufgaben, als Mutter übernimmt sie regelmäßig Fahrten zu den Trainingsstunden und Wettkämpfen: „Turniertanz der Kinder funktioniert nur, wenn die Eltern dahinter stehen“, zeigt sie auf.
Yvonne und Thomas Barthel, die Eltern von Richard und Hanna, bekräftigen dies. „Da muss sich einer auf den anderen verlassen können. Wir sind eine eingeschworene Fahrgemeinschaft, die mindestens zweimal in der Woche unterwegs ist“, sagt Yvonne und bemerkt: „Mitunter werden sogar Familienfeste verschoben.“ Thomas Richter, der Vater von Josie und Maike, pflichtet dem bei. Er verrät: Sein Herz tanzt, wenn er seine Töchter übers Parkett schweben sieht.
Der Krankheit trotzen
Für Tony aus Jessen, der die elfjährige Maike zur Tanzpartnerin hat, steuert sogar Großvater Peter Herrmann hin und wieder das Auto. Das Tanzpaar wurde kürzlich Landesmeister der Junioren I D (Latein) und belegte den fünften Platz bei den Junioren I C (Latein). Am Ostersonntag ist jedoch frei. Da feierte Tony nämlich seinen 13. Geburtstag.
Die drei Nachwuchstanzpaare gehören mit zu den Besten im Wittenberger Verein und geben Anlass zu weiteren Hoffnungen. „Solange es den Kindern und Jugendlichen Spaß macht, ist es gut. Auch wenn mitunter Hausaufgaben auf dem Rücksitz im Auto erledigt werden“, lässt Babett Winkler wissen. Max bestätigt: „Das ist mitunter ganz schön heftig.“ Die Mühe sei es ihm jedoch Wert. Mit einem verschmitzten Lächeln bekundet der Vierzehnjährige: „Dafür ist es natürlich toll, wenn man die Mädchen in der Klasse beim Tanzen beeindrucken kann.“ Yvonne Barthel betrachtet das aus mütterlicher Sicht: „Die Körperhaltung entwickelt sich sehr positiv. Der typische Schlurfgang verschwindet.“ Das Tanzen hat aber für ihre Kinder Hanna und Richard noch eine ganz andere Komponente. Die Geschwister aus Jessen leiden unter der Glasknochenkrankheit. Dies bedeutet: Die Knochen von Hanna und Richard sind viel brüchiger als die von gesunden Menschen, weil sie über zu wenig „Proteinkleber“ verfügen, das den Knochen Elastizität verleiht. Einschränkungen wie beim Sportunterricht sind die Folge. Hanna und Richard lassen sich aber nicht unterkriegen. Beide lernen, sich bewusster zu bewegen, eben und auch ihrer Krankheit wegen. Dabei hilft das Tanzen. Ihre Partner wissen Bescheid und können gut damit umgehen, was Max gleich locker kommentiert: „Ich versuche, Hanna so wenig wie möglich auf die Füße zu treten.“
