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Projekt in Dübener Heide Projekt in Dübener Heide: Verliebt verlobt verheimatet

Von Stefanie Hommers 06.06.2016, 14:15
Sven Kröber schneidet Holz fürs Kräuterhochbeet.
Sven Kröber schneidet Holz fürs Kräuterhochbeet. Hommers

Lubast - Das Anwesen ist idyllisch mitten im Wald gelegen, bewohnt - und liebevoll bewacht. Heike und Sven Kröber leben auf dem Gelände der um 1864 erbauten ehemaligen Senfmühle in Lubast. Die zum Gebäudekomplex gehörende Scheune trägt seit dem vergangenen Wochenende ganz offiziell den Titel „Wächterhof“ und wartet auf weitere Mitstreiter mit kreativen Nutzungsideen. „Wir wollen dieses Gebäude mit Leben füllen und zu einem Ort machen, an dem Leute zusammenkommen und gemeinsam Dinge neu gestalten“, so das Paar.

Die Idee der Wächterhäuser stammt ursprünglich aus Leipzig; hier werden seit über zehn Jahren im Rahmen des Projektes Altbauten durch Zwischennutzung vor dem Verfall gerettet. Nun soll das Vorbild aus der Metropole auch in der Dübener Heide Schule machen. Junge Menschen aus der Stadt sollen leerstehende Gärten, Datschen oder Höfe als „Wächter“ wiederbeleben. Dazu sollen sie zeitlich begrenzte Nutzungsverträge abschließen und die Anwesen bewirtschaften können.

Junges Leben aufs Land holen

„Für den ländlichen Raum gab es so etwas bislang noch nicht“, sagt Projekt-Koordinatorin Kati Ehlert über das vom Verein Dübener Heide initiierte Vorhaben. Dabei biete es sich an, auf diese Art und Weise „junges Leben aufs Land zu holen“ und so der demographischen Entwicklung etwas entgegenzusetzen. Für die Dübener Heide werde schließlich für den Zeitraum zwischen 1990 und 2025 ein Bevölkerungsrückgang von 30 Prozent prognostiziert, der Altersschnitt der Bevölkerung sei zudem vergleichsweise hoch.

Mit Wächterhöfen und Ausbauhäusern, wie sie vor allem durch die Leipziger Wächterhäuser bekannt sind, sollen im Rahmen des von der Robert-Bosch-Stiftung geförderten Neulandgewinnerprojektes „Wächterhöfe Dübener Heide“ Städter auf ländliches Leben im Naturpark Dübener Heide neugierig gemacht werden, indem ihnen ganz nach dem Leipziger Prinzip „Hauserhalt durch Nutzung“ leerstehende Liebhaber-Gärten, Datschen, Häuser oder Höfe ohne Kaufzwang zur individuellen Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt werden. Der Verein Dübener Heide erhofft sich auf diesem Weg, Menschen für die Region zu interessieren, die im besten Fall dauerhaft ein neues Zuhause in der Dübener Heide finden. Die Wächterhof-Idee wird von der Robert-Bosch-Stiftung im Rahmen des Projektes „Neulandgewinner“ unterstützt.

Kein Mangel an Interessenten

An Interessenten aus dem Leipziger wie auch dem Wittenberger Raum, die sich zeitweise oder ganz und gar dem Landleben verschreiben wollen, mangele es nicht, unterstreicht die Projektkoordinatorin mit einer Ausbildung als Umweltpädagogin und einer ausgeprägten Leidenschaft fürs Gärtnern. Sie habe etwa 30 Interessenten in ihrem Pool, die frei nach dem Motto „verliebt, verlobt, verheimatet“ eine Landbeziehung eingehen wollten.

Eigentümer, die ihre ungenutzten Liegenschaften mietfrei zur Verfügung stellen wollen, seien indes dünner gesät. Dabei lägen auch für sie die Vorteile auf der Hand, findet Kathi Ehlert. Vandalismus und ein weiterer Verfall der Gebäudesubstanz würden verhindert, sämtliche entstehenden Nebenkosten durch den Nutzer oder die Nutzergemeinschaft getragen, die Zwischenmieter sorgten für einen Ausbau inklusive Elektroinstallation und bei einem Verkauf des Gebäudes sei eine Vertragsbeendigung grundsätzlich möglich. Ein Konzept mithin, von dem beide Seiten profitieren.

Am vergangenen Wochenende waren zahlreiche Gäste der Einladung zum ersten Wächterhof-Fest gefolgt, neben der Vorstellung des Konzeptes erwartete sie ein Rundgang über das weitläufige Anwesen, zu dem auch ein Sägewerk gehört. An diesem Tag wurde es in Betrieb genommen, um Holz für das gemeinsame Anlegen eines Kräuterhochbeetes zurechtzuschneiden. Tipps zur Gartengestaltung und kulinarische Köstlichkeiten aus der Natur sorgten dafür, dass nicht nur der Wissenshunger gestillt wurde. Selbst gebackenes Brot und Kräuterbutter, ausgebackene Robinienblüten, Holundersirup und Waldmeisterbowle mundeten den Besuchern und auch die Wächterhof-Idee war ganz nach dem Gusto von Silke Schieschke. „Jedes Gehöft, das nicht verfällt, ist wertvoll“, unterstrich die im Naturparkverein engagierte Frau und auch Juliane Aurzada, die zu einer Stippvisite aus Wittenberg gekommen war, bekannte: „Mir gefällt das. Ich freue mich, dass sich Leute dafür interessieren.“

Zwei weitere Hof-Projekte im Plan

Noch in diesem Jahr sollen in der Region zwei weitere Wächterhof-Projekte an den Start gehen: ein Garten in Lausigk bekommt ebenso neue Nutzer wie der alte Bahnhof in Pretzsch. (mz)

Den Gästen wurde ein naturnahes Bufett geboten.
Den Gästen wurde ein naturnahes Bufett geboten.
hommers