Hochwasserschutz bei Mühlanger Hochwasserschutz bei Mühlanger: Deichlücke als Sollbruchstelle?

Mühlanger - „Wie lange sollen wir noch warten? Wir haben doch gesehen, wie schnell wieder eine Jahrhundertflut kommen kann!“ Ernüchtert verließen die drei Anwohner aus dem Bereich Wittenberger Straße, Schulstraße und eines Teils von Prühlitz am Dienstagabend die Ortschaftsratssitzung. Sie hatten sich konkrete Aussagen darüber erhofft, wann für den genannten Bereich eine Hochwasserschutzanlage gebaut wird.
Vor einem halben Jahr war - sehr zum Unmut der mehrfach flutgeschädigten Hauseigentümer - vom Direktor des Landesamtes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW), Burkhard Henning, in einer Einwohnerversammlung darüber informiert worden, dass ein Dammbau dort nicht wirtschaftlich wäre, weil die veranschlagten Kosten von 1,75 Millionen Euro die Schadenssumme um das Vierfache übersteigen würde.
Für die Berechnung wurde ein so genanntes hundertjähriges Hochwasser (HQ 100) angenommen.
Das würde bedeuten, dass das Schutzsystem zwischen Prettin und Wittenberg in Mühlanger eine Lücke hat. Ortsbürgermeister Hans-Joachim Harm unterstellt Absicht, indem er von einer Sollbruchstelle spricht. Weil durch die neuen Deiche oberhalb von Mühlanger künftig weniger Fläche überflutet werden dürfte, befürchtet er für die Anwohner hier noch gravierendere Schäden.
Im Ergebnis der Veranstaltung war vereinbart worden, die tatsächlichen Schäden als Basis für eine erneute Wirtschaftlichkeitsberechnung aufzulisten. Dies ist jetzt weitgehend abgeschlossen, bis 9. April sollten die letzten ausgefüllten Fragebögen in der Stadtverwaltung vorliegen.
Demnach summierten sich die Schäden im genannten Bereich nach der Flut 2002 auf 1,36 Millionen Euro und 2013 auf 1,44 Millionen Euro. Allein in der Wittenberger Straße, der tiefsten Stelle von Mühlanger, betrug der Schaden 625.000 Euro - die Modellrechnung lag bei rund 200.000 Euro.
Mit diesem Ergebnis will Bürgermeister Peter Müller (Freie Wähler) unverzüglich beim LHW-Direktor vorsprechen. „Sollten wir nicht mit dem LHW übereinkommen, werden wir das selbst in die Hand nehmen müssen“, sagte Müller. Das würde bedeuten, dass die Stadt unter Zuhilfenahme von Fördermitteln und Kreditaufnahme - aber mit fachlicher Unterstützung des LHW - bauen würde.
„Das ist mir Mühlanger wert“, so der Bürgermeister wörtlich. Er warnte allerdings vor der Illusion, dass es binnen zwei, drei Jahren eine Lösung geben wird, zumal die neue europäische Naturschutzverordnung „Natura 2000“ das Bauen in der Elbaue strikt reglementiere. Ohne Planfeststellungsverfahren werde es nicht gehen. (mz)