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Forschungsschiff in Elster Forschungsschiff in Elster: Auf den Spuren der Mikroplastik

Von Thomas Tominski 16.06.2020, 09:02
Die Crew des Forschungsschiffs „Aldebaran“ hat am Montag am Anleger in Elster Station gemacht.
Die Crew des Forschungsschiffs „Aldebaran“ hat am Montag am Anleger in Elster Station gemacht. Thomas Tominski

Elster - Auf dem Gang zu ihrem Arbeitsplatz erledigt Charlotta Henricson noch schnell ein paar Telefonate. Die ausgebildete Opernsängerin aus dem schwedischen Göteborg gehört mit zur Crew des Forschungs- und Medienschiffs „Aldebaran“, das am Montag in Elster Station gemacht hat und auf dem Wasserweg von Schöna nach Cuxhaven Bodenproben zur Untersuchung der Mikroplastik-Belastung nimmt. „Ich bin Freiberuflerin“, sagt die Sopranistin und fügt an, dass während der Corona-Krise Engagements ausgeblieben sind.

Deshalb sei sie glücklich, dass Frank Schweikert - Vorstand Deutsche Meeresstiftung und Kapitän des Schiffs - ihr die Chance gegeben hat, für die Stiftung mit auf Forschungsreise zu gehen. „Wir haben uns auf einer Klimakonferenz in Hamburg kennengelernt“, erklärt Charlotta Henricson, die im vergangenen Jahr ihren „Master Oper“ in der Hansestadt ablegte. In der norddeutschen Hafenstadt, sagt die Schwedin, ist sie schnell angedockt.

„Von der Mentalität sind sich die Menschen in Göteborg und Hamburg sehr ähnlich. Schroff aber sehr herzlich.“ Im Rahmen der dreiwöchigen Forschungsreise auf der Elbe ist die junge Frau für die Technik an Bord zuständig. Sie schneidet die Videos, die täglich auf einer bekannten Internet-Plattform um 10 Uhr gezeigt werden. Und: Sie ist die Co-Skipperin des Kapitäns. „Als Kind bin ich sozusagen auf einem Segelboot groß geworden.“

Inhaltliche Aufbereitung

Silja Blechschmidt aus Kiel, die von Diana Rico aus Kolumbien mit der Kamera gekonnt in Szene gesetzt wird, bereitet als Meeresbiologin die Videos inhaltlich auf und spricht über die 15 Forderungen der Deutschen Zivilgesellschaft „Wege aus der Plastikkrise“. Silja Blechschmidt findet es wichtig, dass Umweltthemen nicht endlos diskutiert werden, ohne nach Lösungsansätzen zu suchen.

Das Team der „Aldebaran“ geht mit den Problemen und Ergebnissen an die Öffentlichkeit, damit das Thema nicht an Transparenz verliert. Schade, meint sie, „dass wir während der Corona-Krise keine Schulklassen begrüßen dürfen“. Für das Thema Umweltschutz sind Kinder und Jugendliche sehr aufgeschlossen. Trotz der Enge auf dem 13,50 Meter langen und hochseetauglichen Segelschiff gehen der Crew die Arbeiten flott von der Hand.

Die Abläufe sind einstudiert, Frauen und Männer kommen sich nicht ins Gehege. „Alle freuen sich, wenn einer das Kochen übernimmt“, klinkt sich Charlotta Henricson ein. Sie erzählt von einem italienischen Bio-Restaurant, das dem Team als Sponsor viel Proviant mit auf den Weg gegegeben hat. Das Essen schmecke zwar hervorragend, doch nach ein paar Tagen freut sich ihr Körper über einen frischen Salat.

Staffelstab übergeben

Die beiden Wissenschaftler, Sven Schirrmeister und Sven Faist, bezeichnen sich selber als Gäste an Bord. Sie sind für die Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (THW) im Rahmen eines Forschungsprojekts mit auf die Reise gegangen. Beide entnehmen unterwegs Sedimentproben, die anschließend im Labor der sächsischen Landeshauptstadt auf Verschmutzungen durch Mikroplastik untersucht werden.

Die „Aldebaran“ ist unter anderem mit Unterwasserkamera, Sonden und Greifarm ausgerüstet und erleichtert den Wissenschaftlern aus Dresden die Arbeit enorm. Untersucht werden im Rahmen der Forschungsreise auch die Nebenflüsse wie zum Beispiel die Schwarze Elster.

In der Elbegemeinde hat Schirrmeister (studierter Chemie-Ingenieur) den Staffelstab an Faist (diplomierter Elektrotechniker) übergeben, der nach kurzer Einarbeitungszeit nun das Kommando auf dem Sektor übernimmt. „In der Forschungslandschaft sind wir richtige Exoten“, meint Schirrmeister.

Es gebe zwar in Deutschland verschiedene Lösungsansätze, Mikroplastikanteile im Wasser nachzuweisen, doch kein Verfahren habe es auf die Pole-Position geschafft. „Unser Ziel ist es“, sagen sie unisono, „dass von der Bodenprobenentnahme bis zum Ergebnis im Labor nicht mehr als 20 Stunden vergehen. Das ist eine sehr gute Zeit.“ Wie landen zwei ehemalige Studenten auf einem Schiff?

„Unsere Professoren haben uns gefragt, ob wir nicht Lust haben, eine Forschungsreise zu machen.“ In 40-Kilometer-Abschnitten geht es auf der Elbe entlang bis zur Nordseemündung. Bisher sei der Fluss vor allem im sächsischen Bereich kaum erforscht, wenn es um die Verschmutzung durch Mikroplastik geht.

Die Auswertungen der Proben sollen nun die fehlenden Ergebnisse liefern. Hat es mit den Frauen auf dem Schiff funktioniert? „Aufgrund der vielen Arbeit haben wir keine Zeit gehabt, uns auf die Nerven zu gehen“, betont Schirrmeister.

Von Schöna nach Cuxhaven

Seit 1992 ist das Forschungs- und Medienschiff „Aldebaran“ unterwegs. Als hochseetaugliche Langstrecken-Segelyacht ist sie besonders geeignet für kurzfristige, flexible und effektive Einsätze in Flachwasser- und Küstengebieten weltweit sowie in Binnengewässern und auf Flüssen. Aufgrund der guten technischen Ausstattung ist eine Live-Kommunikation direkt von Bord aus möglich. Eine schwimmende Tauchbasis ermöglicht den gleichzeitigen Einsatz von vier Tauchern.

Am 8. Juni ist in Dresden der Startschuss gefallen. Von dort aus ging es zunächst nach Schöna und dann die Elbe wieder stromabwärts. Das Ziel Cuxhaven soll Ende des Monats erreicht werden. (mz)

Silja Blechschmidt (links) und Diana Rico bereiten sich auf ihre tägliche Arbeit vor. Sven Schirrmeister beobachtet sie dabei.
Silja Blechschmidt (links) und Diana Rico bereiten sich auf ihre tägliche Arbeit vor. Sven Schirrmeister beobachtet sie dabei.
Thomas Tominski
Wissenschaftler Sven Faist nimmt mehrere Wasserproben.
Wissenschaftler Sven Faist nimmt mehrere Wasserproben.
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Charlotta Henricson ist an Bord für die Technik zuständig.
Charlotta Henricson ist an Bord für die Technik zuständig.
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