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Landkreis Stendal Landkreis Stendal: Polizeieinsatz bei Bürgeranhörung?

07.10.2009, 18:34

ARNEBURG/WITTENBERG/MZ/HK. - "Da das Gesetz zur Zwangseingemeindung unseres Dorfes bereits vorliegt, halten wir die Anhörung für eine Farce und haben ihrer Durchführung daher widersprochen", sagte der für die Gebietsreform zuständige sachkundige Einwohner im Gemeinderat, Olaf Schmidt. Statt einer Antwort auf den Widerspruch habe die Verwaltungsgemeinschaft die Anhörung am Sonntag festgesetzt, die Benachrichtigungen per Amtsblatt zugestellt und das Gemeindehaus als Wahlort auserkoren. "Wir werden das aber nicht öffnen, so dass zu befürchten ist, dass sich der Verwaltungsamtsleiter mit Schlüsseldienst und Polizei am Sonntag Zutritt verschafft", so Schmidt. In diesem Fall wolle man Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs stellen.

Im Nachbarort Kleinschwechte äußert sich Bürgermeisterin Gabriele Andert zum Sinn der Bürgeranhörung ähnlich, will sich aber dem Druck der Verwaltungsgemeinschaft beugen. "Wir machen unser Gemeindehaus auf." Auch im Landkreis Wittenberg ist die Empörung groß. In Tornau fand erst am 27. September eine Anhörung zur Eingemeindung nach Gräfenhainichen statt - sie soll nun am 29. November wiederholt werden. Am gleichen Tag will der Zschornewitzer Bürgermeister Günter Gröbner (Linke) - ein Gegner der Eingemeindung - ausgerechnet auf dem Adventsmarkt eine Wahlkabine aufstellen. "Ich erhoffe eine große Beteiligung", meint das Gemeindeoberhaupt. Zuvor will Gröbner auf vier Einwohnerversammlungen die Bürger auffordern, die Zwangseingemeindung mit Gräfenhainichen abzulehnen. Im Wörlitzer Winkel haben acht Orte am 7. Juni Anhörungen veranstaltet - auch sie stehen jetzt vor einer Wiederholung. "Muss das sein?" Für diese Frage hat Bernd Kregel Verständnis. "Das Gesetz schreibt den Zwang vor", sagt der Landesgeschäftsführer des Städtebundes. Abhilfe könne ein zweites Begleitgesetz zu den Zwangseingemeindungen schaffen. Das sei in Arbeit, komme aber für die Voten am 29. November zu spät.

Innenminister Holger Hövelmann (SPD) erklärte auf Nachfrage, dass die Festsetzung von Bürgeranhörungen "keine willkürliche Entscheidung des Innenministeriums ist". Vielmehr werde diese Befragung von der Gemeindeordnung immer dann vorgeschrieben, wenn Gebietsänderungen geplant seien. "Die Gemeinden müssen die Anhörungen daher sicherstellen. Tun sie dies nicht, muss die Verwaltungsgemeinschaft die notwendigen Schritte einleiten", so Hövelmann. Mit einem Einsatz der Polizei, um das Gemeindehaus in Schwarzholz zu öffnen, rechne er nicht. >