Wippra Wippra: Neues Schwimmbecken für das Freibad ist da

Wippra - Die jüngsten Wippraer staunen bei ihrem Morgenspaziergang, als der Tieflader vorüber rollt. Fast hätte Ulrich Stricker den Abzweig zum Wippertalbad verpasst. Er findet einen Platz zum Wenden und fährt langsam den schmalen Weg entlang. Ortsbürgermeisterin Monika Rauhut (Bürgerinitiative Ortsteile Sangerhausen) atmet auf, als das Fahrzeug mit Südtiroler Kennzeichen am Ziel ist. „Ich hatte Angst, es wird hier zu eng.“
Heinz Hörr erwartet schon den Tieflader, der tags zuvor um die Mittagszeit in Südtirol losgefahren ist. Hörr arbeitet für die Vienenburger Firma Azur GmbH, die Bauteile für kommunale Schwimmbäder vertreibt. Wippra bekommt ein neues Schwimmbecken, auf dem Fahrzeug liegen quasi die Außenwände - in Einzelteilen.
Wippertalbad wurde in den 90er Jahren rekonstruiert
„Unser Wippertalbad ist 82 Jahre alt“, erzählt Rauhut. „Das haben Wippraer und die Gemeinde gebaut. In den 90er Jahren ist es rekonstruiert worden. Es war nicht mehr dicht, Fliesen sind abgefallen.“ Vor zwei Jahren streckte sie die Fühler aus, um so unkompliziert wie möglich zu einem erschwinglichen neuen Schwimmbecken zu kommen.
Tino Masiero und seine drei Kollegen fangen mit dem Entladen an. Auf dem Tieflader befindet sich ein Kran. Die Monteure befestigen die erste Palette, sie schwebt hinüber ins alte Schwimmbecken.
Den Untergrund fürs neue Becken, 25 mal zehn Meter, hat die Firma Wölfer gebaut. Wenn in ein paar Tagen die Außenwände samt Treppen und Einstiegshilfen stehen, folgt die zweite Schicht. Später noch ein derbes Vlies und blauer Folienboden.
Neues Becken ist aus Energie- und Wasserkosten-Gründen kleiner als das alte
„Das alte Becken war doppelt so lang und breiter“, vergleicht Rauhut. Das neue fällt eine Nummer kleiner aus. „Wir müssen doch an die Energie- und Wasserkosten denken. Und vor allem an die Chemie, die ist sehr teuer!“ Mehr als 50 Leute seien kaum mal gleichzeitig im Wasser. „Das reicht also.“
Stück für Stück lösen Michael Zoderer und Patrick Zögeler die Gurte, mit denen die Segmente untereinander und auf der Palette befestigt sind. „Das größte“, erklärt Heinz Hörr, „ist ungefähr zwei mal zwei Meter groß.“
Es wird wohl an die 60 Kilogramm wiegen, schätzt Masiero, der seitens der Monteure den Hut auf hat. Die Bauteile bestehen aus glasfaserverstärktem Kunststoff und werden ausschließlich von der Firma Polyfaser AG in Prad am Stilfserjoch hergestellt.
Weil es keine weitere Firma gibt, die diese Bauteile herstellt, war keine europaweite Ausschreibung nötig. Auch kein Architekt. „Nur eine Baugenehmigung“, sagt Rauhut.
Andere Bäder schließen, und Wippra leistet sich ein neues Becken? Die Ortsbürgermeisterin lacht. „Nein“, sagt sie und schüttelt den Kopf. „Die Stadt“, womit sie Sangerhausen meint, „hat kein Geld.“
192.000 Euro sind Fördermittel aus dem Leader-Programm
Also hätten die Wippraer einen Förderverein fürs Freibad und Heimatpflege gegründet und Fördermittel übers Leader-Programm beantragt. „Wir hatten Glück“, sagt Rauhut, obendrein Vereinsvorsitzende und Schatzmeisterin. „192.000 Euro kommen über Leader, 48.000 Euro hat der Förderverein aufgebracht.“ Auch dank des örtlichen Tourismusvereins, der jahrelang Einnahmen aus der Kurtaxe angespart hat.
Leader ist ein Instrument der Europäischen Kommission für neue Ansätze zur Entwicklung ländlicher Räume, könnte man’s auf einen Punkt bringen. Das Becken fürs neue Wippertalbad, sagt Leader-Manager Michael Schumann, sei ein vergleichsweise großes und ein Vorzeige-Projekt.
Das neue Schwimmbecken gehört zu neun Projekten, die im Kreis über die neuen Leader-Richtlinien realisiert werden, genehmigt vom Landesverwaltungsamt. Wippra sei ein staatlich anerkannter Erholungsort, begründet Schumann, die Förderung sei gerechtfertigt.
Eine Palette nach der anderen wird abgeladen. Masiero und seine Männer verteilen die Segmente um die Betonfläche. „Sie werden verschraubt und stabilisiert“, erklärt er die nächsten Schritte. Bis Montag, spätestens Dienstag wollen sie mit der Montage fertig sein und wieder nach Hause fahren.
„Ich kenne den Tino und seine Leute schon lang“, sagt Heinz Hörr. „Wenn die Sonne aufgeht, sind sie auf der Baustelle. Wenn sie untergeht, machen sie Feierabend.“ Außer ihren Baustellen, sagt Masiero, sehen sie nicht viel, wenn sie auf Montage sind. Und die Landschaft um Wippra? Der 46-Jährige schaut sich um und lacht laut auf: „Schön hier, nur die Berge fehlen!“ (mz)

