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Verschärftes Klima Verschärftes Klima: Lokalpolitiker brauchen dickes Fell

Von Fabian Wagener und Joel Stubert 10.08.2019, 07:30
Sangerhausens Oberbürgermeister Sven Strauß nimmt eine schnellere Aggressivität gegenüber Politikern, vor allem im Internet, wahr.
Sangerhausens Oberbürgermeister Sven Strauß nimmt eine schnellere Aggressivität gegenüber Politikern, vor allem im Internet, wahr. Archiv/Schumann

Hettstedt/Eisleben/Sangerhausen - „Zuhören, machen, dranbleiben“ - mit diesem Motto wirbt die FDP an ihrem Fenster in der Kreisgeschäftsstelle in Hettstedt. Eigentlich nicht weiter aufregend, ein politischer Slogan eben - wären da nicht die Risse, die sich durch die Scheibe ziehen. Sie sind die Folge einer Attacke auf die Geschäftsstelle der Partei. Unbekannte schleuderten in dieser Woche Steine an die Front. Der Schaden: rund 2.000 Euro.

Handelte es sich um einen gezielten Angriff? Die Hintergründe sind noch unklar, und ob sie je erhellt werden, darf bezweifelt werden. Ein ungutes Gefühl sei solch ein Angriff schon, gibt FDP-Kreischefin Kathrin Tarricone zu.

Direkte Bedrohung im Landkreis eher selten

Immer wieder gibt es in deutschen Medien Berichte von Angriffen auf Parteigebäude. Und schlimmer noch: Auch Meldungen von Drohungen oder sogar körperlichen Attacken auf Politiker sind keine Seltenheit. Vor einigen Wochen, kurz nach der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke mutmaßlich durch einen Rechtsextremen, hieß es vom Städte- und Gemeindebund, dass Kommunalpolitiker immer stärker Bedrohungen und Beleidigungen ausgesetzt seien. 

„Die Hemmschwelle sinkt“, sagte Geschäftsführer Jürgen Leindecker. Aber gilt das auch für Mansfeld-Südharz? Kommt es auch hier vor, dass Politiker beleidigt, bedroht oder gar angegangen werden?

Sie selbst sei bisher nicht direkt bedroht worden, sagt Tarricone. Dennoch beobachtet sie eine Entwicklung, die ihr Sorge bereitet. „Ich bin ja relativ aktiv bei Facebook und da merke ich schon, dass das Verständnis für die Arbeit der Politiker abnimmt“, sagt sie.

Umgangston im Internet wird zunehmend rauer

Der zunehmend raue Ton in Sozialen Netzwerken, das Unverständnis für andere Meinungen, das alles werfe die Frage in ihr auf, „auf welchem Weg“ man sich da eigentlich befinde.

Sangerhausens Oberbürgermeister Sven Strauß (SPD) nimmt eine schnellere Aggression im Umgang war, vor allem im Internet. „Es geht schneller auf die persönliche Ebene“, sagt Strauß. Dies sei allerdings eine allgemeine gesellschaftliche Entwicklung.

„Im Schutz der Anonymität trauen sich manche eben mehr.“ Allerdings lerne man als Politiker auch schnell, wie man mit solchen Vorfällen umgehen müsse. „Ich beteilige mich zum Beispiel nicht an Diskussionen auf Facebook“, so Strauß.

Nächtlicher Telefonterror

Wie andere Kommunalpolitiker berichtet auch Eislebens Oberbürgermeisterin Jutta Fischer (SPD) von keinerlei körperlichen Attacken. Was verbale Vorkommnisse betrifft, so zeigt sie sich diesbezüglich ziemlich abgehärtet, es brauche in diesem Job ein dickes Fell. Sie könne nicht sagen, dass das Klima in letzter Zeit rauer geworden sei.

Allerdings erinnert sie sich an einen länger zurückliegenden Fall, der sie „fast geschafft hätte“, wie sie sagt. Vor einigen Jahren habe sie jede Nacht Anrufe bekommen, der Anrufer habe immer einfach aufgelegt. „Das ging über Monate und war sehr belastend“, so Fischer.

Hettstedts Bürgermeister Dirk Fuhlert betont ebenfalls, dass Kritik, auch schärferer Art, in der Politik dazugehöre. „Ich weiß, dass ich nie alle begeistern werde.“ Es gebe allerdings Grenzen, Beleidigungen müssten nicht sein. Er selbst habe im Wahlkampf erlebt, wie er auf Facebook mit übler Nachrede verächtlich gemacht werden sollte.

Persönliche Attacken eher in Großstädten?

Er habe daraufhin Kontakt zur Polizei aufgenommen und bei Facebook die Entfernung des entsprechenden Posts gefordert. Der Beitrag wurde gelöscht.

Auch Robert Farle, AfD-Kreischef und Landtagspolitiker, sieht die Situation mit Blick auf Mansfeld-Südharz entspannt. Persönlich bedroht worden sei er hier bislang nicht. „Ich denke, das konzentriert sich mehr auf die Großstädte“, sagt er. Auf seine Steuerkanzlei in Halle seien einmal Farbbeutel geworfen worden. Und in Magdeburg habe er schon erlebt, dass ein Passant ihn beschimpft habe. (mz)