Geschichte der Kyffhäuser-Kleinbahn Geschichte der Kyffhäuser-Kleinbahn: Kein ganz großer Bahnhof

Kelbra/Sittendorf/Tilleda - Am 29. Mai 1916 fand die landespolizeiliche und eisenbahntechnische Teilabnahme der Kyffhäuser-Kleinbahn für den Personenverkehr zwischen den Bahnhöfen Berga-Kelbra und Hackpfüffel statt. An allen Stationen gab es ein Empfangsgebäude mit Dienst- und Warteräumen sowie mit Ausnahme von Hackpfüffel auch eine Bahnhofswirtschaft.
Sämtliche Bahnhöfe waren festlich geschmückt, dazu hatten die Gastwirtschaften geöffnet. Kriegsbedingt verzichtete man aber auf „große“ Einweihungsfeiern. Lediglich in Sittendorf wurde der Abnahmezug von der Gemeindevertretung, der Jugendwehr und den Schulkindern empfangen und der Gemeindevorsteher hielt dort eine Ansprache.
Schon ab dem nächsten Tag verkehrten fahrplanmäßig je drei Personenzüge täglich zwischen Berga-Kelbra und Hackpfüffel sowie zurück. Die Fahrzeit betrug auf der etwa 15 Kilometer langen Strecke mit fünf Stationen rund 50 Minuten. Wer den ersten Zug um 7.55 Uhr in Berga-Kelbra bestieg, kam 8.45 Uhr in Hackpfüffel an. Umgekehrt startete der Frühzug um 7.30 Uhr in Hackpfüffel und traf um 8.25 Uhr in Berga-Kelbra ein. Dort hatten alle Züge Anschluss an die Staatszüge der Strecke Halle-Kassel. Mit dem Personenverkehr verbanden sich viele Hoffnungen auf eine Belebung des Tourismus zum Kyffhäuserdenkmal. Besonders Tilleda und Sittendorf profitierten davon, bis der Kraftomnibusverkehr die Bahn verdrängte.
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Die Bahn-Teilstrecke war bereits seit dem 9. November 1915 betriebsbereit. An diesem Tag fand die feierliche Abnahme durch die Königliche Regierung, die Baufirma Heinke-Legden, Landrat von Doetinchem de Rande, den Fürstlich Stolberg-Roßlaischen Kammerdirektor Raeck und sämtliche Amts-, Guts-, und Gemeindevorstehern sowie Bürgermeister der Stationsorte statt. Dazu fuhr ein Extrazug mit einem Personenwagen 2. Klasse von Berga-Kelbra bis nach Hackpfüffel. Alle Bahnhöfe waren trotz Krieg festlich geschmückt. In Kelbra wurde den Fahrgästen im Wartesaal ein Frühstück serviert. „Auf allen Bahnhöfen standen winkende Zuschauer“, berichtete die damalige Tagespresse. Wenige Tage später, ab dem 15. November 1915, rollte der Güterverkehr. Der Personenverkehr musste noch über ein halbes Jahr warten. Die Gründe dafür sind nicht bekannt.
Die gesamte, rund 29 Kilometer lange Strecke bis nach Artern wurde am 23. Oktober 1916 zunächst für den Güterverkehr freigegeben. Die ersten Rüben konnten also bereits per Bahn nach Artern in die dortige Zuckerfabrik gebracht werden. Wenige Tage vor Weihnachten des gleichen Jahres, am 21. Dezember, wurde auch der Personenverkehr aufgenommen. Im ersten Fahrplan standen täglich drei durchgehende Züge in beide Richtungen. Die planmäßige Fahrzeit betrug eine Stunde und 50 Minuten.
Das entsprach einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 Kilometern pro Stunde. Die langsame Fahrgeschwindigkeit war dem Unterbau der Bahnstrecke geschuldet. Der Damm bestand nur aus einer Kiesaufschüttung ohne Schotterbett. Bis 1935 verkehrten ausschließlich Dampfloks. Dann wurde für den Personenverkehr ein Dieseltriebwagen, der „Fliegende Kyffhäuser“, eingesetzt. Nach 50 Jahren, am 5. Juni 1966, fand die letzte Zugfahrt statt und die Anlage wurde stillgelegt. (mz)

