Einmalig in Deutschland Einmalig in Deutschland: Südharzer Fahrzeugbauer stattet Laster mit VR-Brille aus

Berga - Drei, vier kräftige Hammerschläge hallen durch das offene Werktor des Südharzer Fahrzeugbaus in Berga. Für Geschäftsführer Jochen Reinhardt ist das nichts Außergewöhnliches. Manchmal muss der Vorschlaghammer ran, etwa wenn ein Bolzen festsitzt oder ein Blech gerichtet werden muss.
Fahrer steuert Ladevorgang mit VR-Brille und Joystick aus der Kabine heraus
Über Arbeit können sich die Bergaer nicht beklagen. Rund 300 Brummis baut das elfköpfige Team im Jahr um, hinzu kommen 700 Reparaturaufträge. Vor allem spezielle Aufbauten werden nach den Wünschen der Kunden auf vorgefertigte Fahrgestelle nahezu aller Hersteller montiert.
Und aktuell steht sozusagen eine Deutschlandpremiere in der kleinen Autoschmiede im Südharz an. Denn die Bergaer haben für einen Fuhrunternehmer aus der Region einen Brummi mit einem Spezialaufbau für Holztransporte ausgerüstet. Das Neue und Besondere daran ist, dass der Fahrer die Beladung des Lasters jetzt aus der Fahrerkabine steuern kann. „Bisher gibt es lediglich drei Prototypen in Schweden, die der Kranhersteller noch testet“, sagt Kfz-Meister Reinhardt nicht ohne einen gewissen Stolz.
Die Steuerung wurde von der Firma Hiab entwickelt, einem weltweit agierenden Hersteller von Kran-Systemen. Der schwenkbare Greifer für die Forstindustrie hat eine ausfahrbare Kamera am Heck des Fahrzeuges, die mit einer so genannten Virtuell-Reality-Brille gekoppelt ist. Diese überträgt die Bilder 1:1 und gibt sie dreidimensional wieder. Mittels zweier Joysticks kann der Arbeiter den Kran bedienen und das Fahrzeug beladen. Am Freitag und Sonnabend wollen die Fahrzeugbauer auf ihrem Firmengelände Interessierten das System vorstellen.
Neues System macht den Ladevorgang für den Fahrer sicherer
Die Vorteile liegen auf der Hand, sagt Reinhardt. Zum einen sei der Fahrer beim Be- und Entladen nicht mehr der Witterung ausgesetzt, zum anderen sei er weit weg vom gefährlichen Schwenkbereich der Baumstämme. Allerdings sei das Arbeiten mit dem System anfangs gewöhnungsbedürftig und bedürfe einigen Trainings, weiß Reinhardt. Rund 100 000 Euro kostet der Spezialaufbau auf einem vorgefertigten Fahrgestell. Lieferzeiten von bis zu einem halben Jahr für den Aufbau sind auch keine Seltenheit.
Für den 51-jährigen Reinhardt, der zusammen mit Mario Müller (41) das Unternehmen leitet, ist die Zusammenarbeit mit dem Kranhersteller Hiab gewissermaßen ein Glücksgriff. Schließlich beflügele dies den Unternehmensumsatz. Der lag zum Firmenstart vor fünf Jahren in den ersten Monaten bei rund 180.000 Euro. In diesem Jahr peilt man die Zwei-Millionen-Euro-Grenze an.
Ein bisschen ist man in Berga vom eigenen Erfolg überrascht. „Das hatten wir so nicht erwartet“, sagt Geschäftsführer Reinhardt mit Blick auf die Gründungsphase. Schließlich waren die Fahrzeugbauer seinerzeit mit sechs Beschäftigten gestartet. Heute kümmern sich elf Mann um die Kunden, die mittlerweile aus ganz Deutschland bis in den Südharz kommen. (mz)