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Trecker rollen nach Berlin Bauernprotest: Trecker rollen nach Berlin

Von Beate Thomashausen 26.11.2019, 10:44
Bauernprotest: Die Trecker stehen abfahrbereit auf dem Hofgut in Niederröblingen. Julian Ellmer ist mit nach Berlin gefahren.
Bauernprotest: Die Trecker stehen abfahrbereit auf dem Hofgut in Niederröblingen. Julian Ellmer ist mit nach Berlin gefahren. Ralf Kandel

Eisleben/hettstedt - Tausende Trecker rollen nach Berlin zum Brandenburger Tor. Dort soll an diesem Dienstag, 12 Uhr, eine Kundgebung stattfinden, zu der auch Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) kommen will. Das hoffen zumindest die Landwirte, denn sie kritisieren das Agrarpaket der Bundesregierung. „Mit der heißen Nadel gestrickt“, nennt es Helgard Wiegand, die Geschäftsführerin des Bauernverbandes Mansfeld-Südharz. Das Agrarpaket müsse ausgesetzt und neu verhandelt werden, denn es gefährde die landwirtschaftlichen Betriebe, die regionale Lebensmittelproduktion und die ländlichen Räume.

Bauernprotest: Trecker-Konvoi aus Mansfeld-Südharz

Deshalb schließen sich auch Landwirte aus Mansfeld-Südharz dem Trecker-Konvoi Richtung Berlin an. Am späten Montagabend trafen sich Landwirte aus der Region und aus Thüringen am Sammelpunkt auf dem Hofgut in Niederröblingen. Mit 30, 40 Traktoren rechnete Volker Witticke, der die Schlepperkarawane aus Niederröblingen in Richtung Berlin anführen wollte.

Das Agrarpaket, das das Bundeskabinett im September billigte, besteht im Wesentlichen aus drei Teilen: dem Aktionsprogramm Insektenschutz, dem Tierwohllabel und der Umschichtung der Agrarförderung hin zu mehr Umweltschutz. Das Tierwohllabel soll zeigen, ob zunächst Schweine, später auch Geflügel und Rinder, besser behandelt worden sind als gesetzlich vorgeschrieben. Beim Insektenschutzprogramm geht es vor allem um den Einsatz von Glyphosat.

Von Niederröblingen sollte es zunächst nach Erdeborn zur Bundesstraße 80 gehen - immer abgesichert von Polizeifahrzeugen. Von Erdeborn aus, wo sich noch einmal mehr Schlepper dem Konvoi anschließen wollten, ging es über die B 80 nach Halle, dann auf die B 100 Richtung Brehna zur Auffahrt auf die A 9.

Julian Ellmer arbeitet seit Februar 2019 auf dem Hofgut in Niederröblingen. Er und sein Kollege Roy Hornickel setzten sich ebenfalls am Montagabend hinters Lenkrad ihrer beiden Großtraktoren, mit denen sie normalerweise die Felder rund um Niederröblingen beackern, um damit die Biogasanlage zu füttern. „Aus Spaß fährt keiner der Berufskollegen mit seinem Trecker nach Berlin.“

Dialog zwischen Politik und Landwirten gefordert

„Wir wollen einen Dialog der Politik mit den Landwirten“, sagt Wiegand. Man brauche keine weiteren deutschen Alleingänge sondern einheitliche Richtlinien in der EU, denn die deutschen Landwirte müssen sich auf dem Markt behaupten können. Auch das Tierschutzlabel kritisierte Wiegand.

Anstatt neue zu entwickeln, könnte man die bestehenden fördern, findet sie. „Gesellschaftliche Wünsche wie nach mehr Tierwohl und extensiverer Bewirtschaftung der Äcker, die Ausbreitung der Wölfe und Umweltmaßnahmen müssen den Landwirten finanziell ausgeglichen werden.“

Mit dem Trecker nach Berlin: Landwirte hoffen auf Erfolg

Und auch der junge Landwirt Julian Ellmer aus Niederröblingen ist der festen Überzeugung, dass die Bauern bereits mehr für Umwelt und Natur tun, als man gemeinhin annehme. Am ressourcenschonendsten aus seiner Sicht sei es, wenn die landwirtschaftlichen Erzeugnisse direkt vor Ort ver- und gekauft und nicht erst um den Erdball zum Verbraucher gebracht werden. „Die Politiker, egal welcher Partei, müssen sich wieder verstärkt der Landwirtschaft im eigenen Land zuwenden“, findet Ellmer. Und mit einer so großangelegten Protestaktion gelinge das vielleicht auch.

„Ich hoffe, dass wir in Berlin Erfolg haben und etwas für die Landwirte in Deutschland getan wird“, sagt auch Volker Witticke. Der 28-Jährige ist mit Leib und Seele Landwirt. Das sei der Beruf, den er auch weiterhin ausüben möchte. Und er hofft, dass sein Berufsstand eine Zukunft hat. (mz)