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Warren Green in Halberstadt Warren Green in Halberstadt: Radiomoderator übt Gebärdensprache

Von Sabine Herforth 15.03.2017, 06:45
Die deutsche Übersetzung  des Liedes  „September Song“  von JT Cooper hält Jannik  Rehwald für seine Mitschüler an der Tafel fest.
Die deutsche Übersetzung  des Liedes  „September Song“  von JT Cooper hält Jannik  Rehwald für seine Mitschüler an der Tafel fest. Wohlfeld

Halberstadt - Als das Lieblingslied im Radio läuft, wird etwas lauter gedreht, vielleicht sogar mitgesummt. Beim Mitsingen der meist englischen Texte wird es schon schwieriger. Und überhaupt: Was singen die Interpreten eigentlich? Die Schüler der neunten und zehnten Klassen der Carl-Kehr-Schule, Förderschule für Gehörlose und Hörgeschädigte am Landesbildungszentrum in Halberstadt, sind dieser Frage am Dienstag nachgegangen. Hilfe bekamen sie dabei von SAW-Radiomoderator Warren Green.

Der Brite übersetzte gemeinsam mit den Jugendlichen „September Song“ von JP Cooper und führte mit viel Humor durch die etwas andere Unterrichtsstunde. Begleitet wurde das Ganze von Kamera und Mikrofon - schließlich sollen am Ende ein Radio-Beitrag für „Was heißt das auf Deutsch?“ und ein Kurzfilm für die Webseite des Senders entstehen. Das Besondere dieses Mal: Das Lied wurde nicht nur vom Englischen ins Deutsche, sondern zusätzlich in Gebärdensprache übersetzt.

Heiß wie ein Bügeleisen

Gemeinsam mit Warren Green hören die Schüler zu Beginn den ausgesuchten Song und überlegen, was die teilweise recht metaphorischen Zeilen wohl bedeuten. Denn übersetzt ergibt nicht alles einen Sinn: „Es gab Zeiten, in denen wir so heiß waren wie ein Bügeleisen“, heißt es etwa in einer Strophe, die auch nach einigem Überlegen noch recht gewöhnungsbedürftig klingt.

Da stellt sich die nächste Frage fast von allein: Worum geht es in dem Text eigentlich? Klar, es ist ein Liebeslied, aber was meint der Autor denn mit einem September-Lied? Warren Green bringt die Schüler auf die richtige Spur: „Wenn ihr ein Lied hört und bekommt es nicht mehr aus dem Kopf.“ Genau so gehe es dem Mann im Song, der sich an eine verflossene Sommerliebe erinnert wie an einen Ohrwurm.

Zeilen voller Herzschmerz

Damit auch die Radiohörer verstehen, wovon JT Cooper singt, sollen Jannik Rehwald und Lea Heitmann den deutschen Text einsprechen - mit der nötigen Portion Gefühl, versteht sich. „Keine Panik, es werden nur 1,2 Millionen Menschen hören“, scherzt Warren Green und macht vor, wie viel Herzschmerz er hören möchte. Keine leichte Aufgabe für die beiden, die zunächst verhalten ins Mikro sprechen. „Wenn es sich für euch total überdreht und bescheuert anhört, ist es genau richtig“, erklärt Green. Nach einigen Versuchen haben es die Jugendlichen dann geschafft.

Natürliche Kommunikation

„Bei den Schülern besteht eine sehr große Motivation, das in Gebärdensprache zu übersetzen“, sagt Susanne Hillen, Lehrerin für Deutsche Gebärdensprache (DGS). „Sie machen das auch sehr gerne im Englisch-Unterricht“, stimmt DGS- und Englisch-Lehrerin Annett Aigner zu. Die Herausforderung bestehe darin, die Gebärdensprache mit der Musik zu verbinden. „Sie haben wirklich Spaß daran“, freut sich Hillen, die das Radioteam eingeladen hat.

Als es dann an die Übersetzung in die Gebärdensprache geht, ist erst einmal der Moderator dran. Lehrer und Schüler verfolgen gespannt seine ersten Versuche: Ein wenig zaghaft streckt Green drei Finger nach oben. Die Schüler um ihn herum nicken zustimmend, sie erkennen das „W“. Dann überlegt er kurz, ballt eine Faust und legt den Daumen seitlich an - ein „A“.

Schüler zeigen, wie es richtig geht

Daraufhin verdreht er Zeige- und Mittelfinger und macht eine Bewegung nach rechts - zwei „R“. Noch einmal eine Faust, diesmal mit dem Daumen an den Fingerkuppen - das „E“. Schließlich schiebt er den Daumen zwischen Ring- und Mittelfinger - ein „N“. Der Brite hat seinen Vornamen in Daktylzeichen, dem Fingeralphabet, gezeigt und klatscht - doch noch ein Ausrutscher! Die Schüler zeigen, wie es richtig geht, strecken die Arme nach oben und schütteln die Hände. Green ist fasziniert von der kurzen Lehrstunde. „Kann ich noch bleiben?“, will er wissen.

Auch die Schüler sind begeistert. Einige so sehr, dass sie auch außerhalb des Unterrichts Liedtexte in die Gebärdensprache übersetzen. „Wir stellen Videos bei Facebook ein, für Menschen die gehörlos sind“, verrät Julia Edler. „Wir haben angefangen, wenn wir Musik hören, das zu gebärden“, erklärt Franziska Spudich.

Für beide sei es ganz natürlich, sich zur Kommunikation ihrer Hände zu bedienen. Auf ihrer Facebook-Seite - „The Music Deafgroup“ - simultanübersetzen sie beispielsweise in einem Video das Lied „80 Millionen“ von Max Giesinger. Damit wollen sie Hörenden zeigen, „dass wir auch was können“, sagt Julia Edler. (mz)

Julia Edler (links) und Franziska Spudich überlegen, wie sie die Worte  sinnvoll in Gebärdensprache darstellen. 
Julia Edler (links) und Franziska Spudich überlegen, wie sie die Worte  sinnvoll in Gebärdensprache darstellen. 
Chris Wohlfeld
Das Wort „Schule“ in Gebärdensprache ist am Gebäude in Halberstadt zu lesen.
Das Wort „Schule“ in Gebärdensprache ist am Gebäude in Halberstadt zu lesen.
Wohlfeld
Was für Emma Liebner eine einfache Übung ist, ist für den Radiomoderator Warren Green eine ziemliche Denkaufgabe: Er soll seinen Namen mithilfe von Daktylzeichen, also den Buchstaben in Gebärdensprache, darstellen. Das „a“ klappt schon recht gut.
Was für Emma Liebner eine einfache Übung ist, ist für den Radiomoderator Warren Green eine ziemliche Denkaufgabe: Er soll seinen Namen mithilfe von Daktylzeichen, also den Buchstaben in Gebärdensprache, darstellen. Das „a“ klappt schon recht gut.
Urheber: Chris Wohlfeld