Geld der Kirche veruntreut Nach Selbstanzeige in Ballenstedt: Hat katholischer Pfarrer noch mehr als 120.000 Euro veruntreut?

Ballenstedt - Es tauchen immer neue Summen auf, die der ehemalige katholische Pfarrer in Ballenstedt von seiner Gemeinde veruntreut haben soll. „Bei den 120.000 Euro ist es nicht geblieben“, sagt Peter Muser, der Vorstandsvorsitzende der St.-Elisabeth-Gemeinde Ballenstedt, der MZ am Freitag.
Genau beziffern könne er es noch nicht, aber es komme ein fünfstelliger Betrag hinzu, den der Priester veruntreut haben soll. Der Pfarrer, der sich im November selbst angezeigt und zugegeben hatte, 120.000 Euro aus der Gemeindekasse genommen zu haben, sei mittlerweile als Springer in Schönebeck eingesetzt, sagt Muser. „Er wird nie wieder eine Pfarrstelle bekommen. Ich bin sehr, sehr enttäuscht von ihm.“
„Er wird nie wieder eine Pfarrstelle bekommen“
Immerhin habe der Mann im Januar begonnen, aus seinem Gehalt die Schulden bei der Gemeinde abzustottern. Bislang seien dabei 2.000 bis 3.000 Euro zusammengekommen, sagt Muser. „Mein Ziel ist es, so viel wie möglich zu sparen, um den laufenden Betrieb aufrechtzuerhalten.“ Die Kirchengemeinde habe sich mittlerweile vom Schock im Herbst erholt und ziehe gut mit.
Für Hauke Roggenbuck, Chef der Staatsanwaltschaft in Halberstadt, ist das Ende des Ermittlungsverfahrens absehbar, sagt er auf Anfrage der MZ. Der Priester habe mit seiner Selbstanzeige die Ermittlungen angestoßen.
„Die Kirche hat sich seitdem sehr kooperativ verhalten“, sagt Roggenbuck. Nun habe der Anwalt des Priesters die Akten zur Einsicht – und damit auch die Gelegenheit zur Stellungnahme.
Pfarrer fiel auf sogenannten Vorschussbetrug rein
Dem Pfarrer sei per Mail ein Millionengewinn bei einer spanischen Lotterie in Aussicht gestellt worden, berichtet Roggenbuck. „Es sollte etwas Gigantisches sein.“ Um ihn zu erhalten, habe er zunächst Geld überweisen müssen. „Erst hat er sein privates Geld aufgebraucht, dann hat er sich an zwei Konten der Gemeinde bedient“, sagt Roggenbuck.
All das Geld sei nach Spanien geflossen. „Es gibt aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass er es für eigene Zwecke nutzen wollte“, sagt Roggenbuck. Über die neuen Vorwürfe sei er von der Gemeinde allerdings noch nicht informiert worden.
Staatsanwalt weiß nichts über neue Vorwürfe gegen den Pfarrer
Auch gegen die mutmaßlichen Betrüger in Spanien werde von Halberstadt aus ermittelt. Große Hoffnungen, dass dort tatsächlich einer der Täter zur Rechenschaft gezogen wird, hat Roggenbuck jedoch nicht. „Oft kann die Identität der Menschen, die das Konto eröffnet haben und später dann abräumen, nicht ermittelt werden“, sagt der Oberstaatsanwalt.
Das Bistum Magdeburg warte ab, was das Strafverfahren gegen den Pfarrer ergebe. „Es ist nicht die Aufgabe der Kirche, ein Urteil zu sprechen. Das muss der Staat tun“, sagt Bistumssprecherin Susanne Sperling auf MZ-Anfrage.
Pfarrer ist weiter bei der katholischen Kirche beschäftigt
Der Pfarrer steht weiter in Diensten der katholischen Kirche. Er sei in der Seelsorge tätig und halte Messen auf Polnisch, in seiner Muttersprache, ab. „Er hat keine Verwaltungs- oder Finanzbevollmächtigung mehr“, betont Susanne Sperling.
Ein Teil seines Einkommens gehe zur Begleichung des Schadens an die Kirche. „Er hat von Anfang an gesagt, dass er das möchte. Das ist zügig nach den Vorfällen vereinbart worden“, so die Sprecherin.
Die Ballenstedter Katholiken blicken derweil nach vorn. In der Gemeinde sei der Fall kein Thema mehr, betont Norbert Sommer. Der Halberstädter Pfarrer hat im Dezember die Verwaltung der Ballenstedter Pfarrei übernommen.
„Ich bin aufgenommen worden, als wäre ich schon seit vielen Jahren dort.“ In der Gemeinde gebe es viele engagierte Menschen. „Es ist eine kleine, agile Gemeinde. Das macht richtig Spaß“, so der 65-Jährige.
Er geht davon aus, dass er die Ballenstedter Pfarrei bis zu seinem Renteneintritt in fünf Jahren mitbetreuen wird. Denn Nachwuchspfarrer sind nicht nur im Bistum Magdeburg Mangelware. (mz)