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Pfarreikasse geplündert Katholischer Pfarrer aus Ballenstedt stiehlt über 100.000 Euro aus Pfarreikasse

Von Rita Kunze 18.11.2018, 08:00
Ein Mann wirft einen Geldschein in einen Klingelbeutel, der in einer Kirche herumgereicht wird.
Ein Mann wirft einen Geldschein in einen Klingelbeutel, der in einer Kirche herumgereicht wird. dpa-Zentralbild

Ballenstedt - Ein katholischer Pfarrer aus Ballenstedt (Landkreis Harz) hat sich am späten Freitagabend beim Landeskriminalamt Magdeburg selbst angezeigt und Bischof Gerhard Feige vom Bistum Magdeburg darüber informiert. „Nach eigenen Angaben ist er Internet-Betrügern aufgesessen und hat seit dem Sommer 120.000 Euro widerrechtlich aus der Pfarreikasse entnommen“, sagte eine Sprecherin des Bistums Magdeburg am Sonntag.

„Ich habe sehr schwere Schuld auf mich geladen“, sagte der 64-jährige Pfarrer am Sonntag nach dem Gottesdienst zu den Gläubigen, denn er habe „Geld der Gemeinde gestohlen“.

Pfarrer wurde vorher selbst betrogen

Er nannte sich ein „williges Opfer von Betrügern“, denn er habe sich „hinreißen lassen“, mehrfach Geld zu überweisen „in der Hoffnung auf den mir zustehenden Lotteriegewinn“. Dafür habe er persönliches Geld und Geld der Gemeinde genommen.

„Kein Pfarrer, kein kirchlicher Mitarbeiter darf Gelder, die für die Pfarrei gedacht sind, zweckentfremdet entwenden. Er muss alles zurückzahlen und die staats- und kirchenrechtlichen Konsequenzen tragen“, erklärte der Bischof, der den Pfarrer mit sofortiger Wirkung vom Vorsitz des Kirchenvorstandes entbunden und alle finanziellen Vollmachten auf den Kirchenvorstand übertragen hat. Weitere disziplinarische Schritte behält er sich vor.

Muss Fall aus Ballenstedt dem Vatikan gemeldet werden?

Nach Kirchenrecht müssen Straftaten in einem bestimmten Ausmaß dem Vatikan in Rom gemeldet werden. Ob dies auch hier der Fall ist, werde noch geprüft, sagte die Bistumssprecherin auf Anfrage der MZ. Wesentlich sei, dass sich jetzt staatliche Gerichte damit beschäftigen. Ebenso werden Mitarbeiter des Bistums die Finanzen der Ballenstedter Gemeinde prüfen. Eine Kassenprüfung wäre dort erst zum Jahresende fällig gewesen, so die Sprecherin weiter. Wie hoch genau die veruntreute Summe ist, konnte am Sonntag niemand sagen.

Über 100.000 Euro gestohlen: Wie konnte es dazu kommen?

Geklärt werden muss ebenso die Frage, wie es überhaupt dazu kommen konnte: Es sei generell üblich, dass Überweisungen nach dem so genannten Vier-Augen-Prinzip von zwei Mitgliedern des Kirchenvorstandes unterzeichnet werden. In Ballenstedt war dies aber offenbar nicht der Fall. Ballenstedt sei eine sehr kleine Gemeinde und habe keine hauptamtlichen Mitarbeiter. Deswegen habe der Pfarrer bis zu einer bestimmten Summe selbst entscheiden können, so die Sprecherin des Bistums.

Bis zur Rückzahlung des Geldes werde das Bistum bei finanziellen Notlagen einspringen, „damit die Pfarrei den seelsorgerischen Dienst an den Menschen auch weiterhin leisten kann“, sagte die Sprecherin weiter.

Am Dienstag soll es in Ballenstedt eine Versammlung der Kirchengemeinde geben, zu der auch  Generalvikar Bernhard Scholz erwartet wird.  Er handelt als Stellvertreter des Bischofs in allen Verwaltungsaufgaben. Unter anderem soll geklärt werden, ob und wie die Gemeinde weiter mit dem Pfarrer arbeiten will.  Das Bistum erhofft sich davon ein Stimmungsbild.

Bis dahin bleibt auch noch ungeklärt, ob der Pfarrer am kommenden Sonntag einen Gottesdienst leiten oder erst einmal beurlaubt wird. „Der Bischof muss entscheiden, was weiter passiert“, so die Sprecherin. Das Bistum hat Personalprobleme: Es gibt zu wenig Pfarrer. „Wir können nicht eben mal einen Pfarrer versetzen.“

Zur 750 Mitglieder zählenden katholischen Gemeinde in Ballenstedt gehören neben Ballenstedt auch Harzgerode, Bad Suderode und Gernrode sowie 17 Dörfer der Umgebung. (mz)