Fällarbeiten im Harz Fällarbeiten im Harz: Bäume ohne Not abgeholzt?

Endorf - Johannes Hebbel ist sehr besorgt. „Mir blutet das Herz, wenn ich sehe, was mit unserem schönen Harz passiert“, sagt der Westerhäuser. Hebbel, der sich selbst als Naturschützer sieht, beklagt, dass in den letzten Monaten überall im Harz aus seiner Sicht gesunde Bäume mit einem Stammdurchmesser von über 30 Zentimetern ohne Not gefällt wurden.
„Persönlich Zeuge war ich bei der Kreisstraße 1342 von Endorf in Richtung Harkerode“, sagt Hebbel. „Dort wurden Mitte Februar rund 25 Kirschbäume gefällt. Davon waren gerade einmal zehn Prozent krank oder tot.“
Nur noch Stümpfe säumen jetzt die Straße
Tatsächlich ist die nur für land- und forstwirtschaftlichen Verkehr zugängliche Straße an beiden Seiten gesäumt mit den Stümpfen frisch geschlagener Bäumen.
„Das ist nicht nur eine Zerstörung des Landschaftsbildes“, beklagt sich Hebbel. „Mein Sohn ist auch auf diesen Bäumen geklettert und hat von den Kirschen gegessen.“ Diese Möglichkeit gebe es jetzt nicht mehr.
„Warum verschandelt man das Landschaftsbild und nimmt unseren Kindern die Obstbäume zum Klettern“, fragt sich der Naturschützer.
Beschwerde ist kein Einzelfall
Laut Annette Leipelt, Geschäftsführerin des Naturschutzbundes (Nabu) Sachsen-Anhalt, ist Hebbels Beschwerde kein Einzelfall.
„Mich erreichen gerade aus der Harz-Region viele Klagen von Bürgern über rücksichtslose Baumfällarbeiten“, berichtet Leipelt.
Sie kritisiert, dass bei Fällarbeiten Artenschutzbelange oft nicht beachtet würden, zudem bleibe die Verhältnismäßigkeit auf der Strecke.
„Bäume werden zu schnell und in übertriebenem Maße gefällt oder beschnitten“, sagt die Nabu-Geschäftsführerin. Das liege häufig daran, dass Firmen, die die Baumfällarbeiten durchführen, nicht ausreichend qualifiziert seien.
Tote Bäume waren Gefahr für den Straßenverkehr
Das weist Ingelore Kamann von der Pressestelle des Landkreises Harzes für den konkreten Fall der K 1342 zurück. Für Baumfällarbeiten an Kreisstraßen sei der Kreisstraßenbauhof zuständig, erklärt Kamann.
„Deren Mitarbeiter haben auch die Bäume an der K 1342 gefällt“, sagt die Kreissprecherin.
Auch Johannes Hebbels Vorwurf, dass dort überwiegend gesunde Bäume gefällt worden seien, widerspricht Kamann: „Es waren Totbäume und Bäume, die durch Sturmschäden bereits umgeknickt oder soweit geschädigt waren, dass sie zur Gefahr für den Straßenverkehr wurden.“
Sie hätten deshalb „im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht und Gefahrenabwehr beräumt werden müssen“, sagt Kamann. Die Kreissprecherin verweist zudem darauf, dass die Schädigungen der Bäume nicht immer von außen sichtbar seien.
„Zum Beispiel bei Kronenausbrüchen oder dem Abbruch größerer Astbereiche.“
Jedes Jahr gibt es ein Baumschau
Auch generell würden Bäume im Landkreis Harz nicht ohne Not gefällt, sagt Kamann.
„Im Landkreis gibt es jedes Jahr eine Baumschau, an der neben Vertretern der Unteren Naturschutzbehörde auch die zuständigen Straßenbauträger und die Polizei teilnehmen.“
Hierbei werde der Zustand von Bäumen im Straßenverlauf oder im öffentlichen Bereich begutachtet. „Wird dabei die Notwendigkeit festgestellt, kranke Bäume zu fällen, beantragt der Baulastträger eine Fällgenehmigung bei der Unteren Naturschutzbehörde“, so Kamann.
Unabhängige Instanz wird vermisst
Annette Leipelt vom Nabu vermisst bei diesem Verfahren allerdings eine unabhängige Instanz. „Es müsste bei der Schau einen externen Baumgutachter geben, der auf Artenschutzbelange achtet“, sagt sie.
Zudem bemängelt sie fehlende Transparenz für die Bürger. „Die Ämter müssen die Fällarbeiten erklären, öffentlich die Gründe benennen, warum ein Baum gefällt wird“, verlangt Leipelt.
Die Forderung nach mehr Transparenz für die Bürger will der Landkreis nun aufgreifen. „Wir werden mit der Unteren Naturschutzbehörde beraten, wie wir die öffentliche Information bei größeren Baumfällarbeiten verbessern können“, kündigt Kreissprecherin Kamann an. Konkrete Maßnahmen stellt sie aber nicht in Aussicht. (mz)