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Wenig Wege, parkende Autos Bauausschuss Thale berät über Radwege in Stadt: Bodetal und Kloster Wendhusen müssen besser erreichbar sein

Von Benjamin Richter 02.10.2019, 10:59
Viele Thalenser sehen bei den Radwegen in der Stadt noch Luft nach oben. Manche ärgern sich aber auch über schnelle Radfahrer im Musestieg.
Viele Thalenser sehen bei den Radwegen in der Stadt noch Luft nach oben. Manche ärgern sich aber auch über schnelle Radfahrer im Musestieg. Richter

Thale - Es kann nervenaufreibend sein, mit dem Fahrrad in Thale unterwegs zu sein. Wer etwa auf der Bertolt-Brecht-Straße vom Netto-Markt nach Osten ins Wohngebiet „Auf den Höhen“ radelt, muss damit rechnen, dass sich hinter ihm ein kleiner Stau aus ungeduldigen Autofahrern bildet.

Wegen der parkenden Autos am linken Fahrbahnrand können sie nicht überholen. Da ist es dem Radfahrer wohl ein schwacher Trost, dass an dieser Stelle immerhin eine Einbahnstraßenregelung herrscht.

Auch viele andere Strecken im Stadtgebiet müssen Radfahrer auf der Straße zurücklegen und sich die Fahrbahn mit den Autos teilen. Wolfgang Rosplesch bringt die Dringlichkeit eines Paradigmenwechsels im Thalenser Radverkehr auf den Punkt: „Mit Kindern in Thale Rad zu fahren, das ist lebensgefährlich.“

Der Verfechter des Zweirads hatte in der Vergangenheit bereits mit Reden im Stadtrat auf mehr Radwege im Stadtgebiet gedrungen - und erschien am Donnerstag zur Sitzung des Bauausschusses, in der einige Fahrradverkehrskonzepte vorgestellt wurden.

Europaradweg R 1 am Stecklenberger Waldrand soll saniert werden

Dass es an einer Stelle wohl schon bald mit dem Bau losgehen kann, kündigte Jan Heilek an. Den Mitarbeiter der Bauverwaltung hatte Bauamtsleiter Stefan Oberacker mit der Vorstellung der Radkonzepte beauftragt. Am Stecklenberger Waldrand, sagte Heilek, solle der Europaradweg R 1 saniert werden.

Eine Asphaltschicht soll die Strecke leichter befahrbar machen. Geld spielt keine Rolle - denn wie Heilek weiter mitteilte, hat die Stadt Thale gute Chancen auf eine hundertprozentige Förderung. Das Geld kommt aus den beiden Förderprogrammen PMO (Mittel der Partei- und Massenorganisationen der ehemaligen DDR) und GRW (Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur). Der Landkreis hatte angeregt, diese beiden Töpfe zu kombinieren.

Einen Haken gibt es aber doch: Weil die Wegfläche mit der Asphaltschicht versiegelt wird, muss die Stadt an anderer Stelle einen Biotop-Ausgleich erbringen, also etwa auf einer Wiese Bäume pflanzen. „Der Weg ist nicht mehr als Biotop wirksam, weil Oberflächenwasser nicht versickert“, sagt Heilek. „Wir haben die Pflicht, das, was wir der Natur antun, ihr auch wieder zuzuführen.“

Die Ausgleichsflächen, die auch in anderen Landkreisen und sogar Bundesländern liegen dürfen, sind allerdings rar: Die Kommunen heben sie für ihre eigenen Projekte auf. „Die Städte hüten Ausgleichsflächen wie ihren Augapfel“, so Heilek.

In Thale gibt es keine Radwege in Ost-West-Richtung

Er hat das Bild einer Stadt vor Augen, in der die touristischen Ziele für Radfahrer besser erreichbar sind, etwa das Bodetal und das Kloster Wendhusen. Einen Systemfehler hat er in den Straßen Thales ausgemacht: „Es gibt in Nord-Süd-Richtung einige Strecken, die funktionieren. Woran es mangelt, sind Radwege von Osten nach Westen.“

Deshalb hatte die Bauverwaltung zunächst die Eisenbahnstraße entlang der Gleise in der Oberstadt als neue Strecke für einen Radweg auserkoren. Die Krux: Weil auch hier parkende Autos die Fahrbahn einschränken, bliebe dem Bauamt nichts übrig, als sie ebenfalls zur Einbahnstraße zu machen.

Autofahrer müssten über andere Straßen umgeleitet werden. Jan Heilek ist daher eine andere Lösung lieber: „Die Joachimstraße ist breit genug für einen ordentlichen Fahrradweg.“ Zusammen mit der Ahornallee bildet sie eine Strecke unterhalb der Bahngleise parallel zur Eisenbahnstraße. Heileks Plan: Das Fahrrad würde dort zum Hauptverkehrsmittel, Anwohner- und Lieferverkehr bliebe erlaubt.

Radweg soll in der Eisenbahnstraße entlang der Gleise in der Oberstadt entlang führen

„Die Cafeteria könnte von Touristen profitieren, die dort eine Pause einlegen wollen“, weist der Bauverwalter auf einen Vorteil hin. Rosplesch sieht jedoch auch Nachteile: „Dort sind viele Rollstuhlfahrer unterwegs.“ Unfälle seien deshalb zu erwarten.

Ausschussmitglied Detlev Knust (Bürgerfraktion) merkt zudem an, dass die Bundesregierung höhere Strafen für Falschparker auf den Weg bringe. Wenn die Straße dann ein Radweg sei, könne es für Besucher des dortigen Pflegeheims richtig teuer werden.

Eine weitere Seite des Radverkehrs spricht der sachkundige Einwohner Horst Rudel an. Er macht seinem Ärger über Radfahrer Luft, die Regeln bewusst missachteten. „Als Fahrradfahrer hat man auch Pflichten“, sagt Rudel. „Gerade im Bereich Musestieg sind sie aber oft ohne Licht oder deutlich zu schnell unterwegs.“ Stadtrat Heiko Marks (Bürgerfraktion) regt die Gründung eines Zweiradbeirats für die Stadt an, der die Verwaltung bei der weiteren Ausarbeitung des Radkonzepts unterstütze. Er schlägt Wolfgang Rosplesch als Vorsitzenden vor. (mz)

In der Bertolt-Brecht-Straße in Thale weicht ein Radfahrer auf den Gehweg aus.
In der Bertolt-Brecht-Straße in Thale weicht ein Radfahrer auf den Gehweg aus.
Richter