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Ballenstedt Ballenstedt: Erinnerung an Tod von Joachim Ernst von Anhalt

Von Sigrid Dillge 20.02.2017, 09:16
Eduard Prinz von Anhalt legt am Gedenkstein seines Vaters Joachim Ernst ein Blumengesteck nieder.
Eduard Prinz von Anhalt legt am Gedenkstein seines Vaters Joachim Ernst ein Blumengesteck nieder. Urheber: Chris Wohlfeld

Ballenstedt - Frische leuchtende Blumen schmücken den schlichten grauen Stein am Rande des Ballenstedter Schlosshofes. Der Stein ist Joachim Ernst von Anhalt gewidmet, der vor 70 Jahren, am 18. Februar 1947, im sowjetischen Speziallager in Buchenwald ums Leben kam.

Das Blumengebinde legte sein Sohn, Eduard Prinz von Anhalt, am 70. Todestag seines Vaters gemeinsam mit Vertretern des Askanischen Hausordens Albrechts des Bären nieder. „Hier, auf diesem Hof, habe ich meinen Vater das letzte Mal gesehen“, sagt der heute 76-Jährige. Viele Erinnerungen an die gemeinsame Familienzeit hat er nicht, schließlich war er noch ein kleines Kind, als der Vater ins Lager gebracht wurde.

Askanier herrschten 700 Jahre in Anhalt

Joachim Ernst von Anhalt (1901-1947), rechtmäßiger, aber beim Tod des Vaters 1918 noch minderjähriger Thronfolger, wurde nominell zum letzten Herzog Anhalts, erlebte in der stürmischen Zeit der Novemberrevolution Abdankung und Thronverzicht der anhaltischen Fürstenfamilie und das Ende von der siebenhundertjährigen Askanierherrschaft in Mitteldeutschland.

Joachim Ernst, gelernter Land- und Forstwirt, hatte seinen Lebensmittelpunkt in Ballenstedt, dessen Schloss der Familie nach 1918 als Wohnsitz blieb. Grausame Wirren der Nazi-, Kriegs- und Nachkriegsjahre rissen den Vater von der Familie. „Mein Vater war von vornherein mit den Nazis in Clinch geraten und wollte zum Beispiel nicht, dass diese Albrecht den Bären für ihre Propagandazwecke nutzen“, klärt Prinz Eduard auf.

Streit mit Nazis um Albrecht der Bär

Albrecht der Bär gilt als Stammvater der Askanier und erster Markgraf von Brandenburg. Sein Nachfahre Joachim Ernst wurde von den Nazis 1944 verhaftet und ins Konzentrationslager Dachau gebracht, wo er drei Monate lang blieb. Nach der Kapitulation Hitlerdeutschlands standen vor ihm erneut gestiefelte Uniformierte.

Die sowjetische Militäradministration verhaftete den „Gutsbesitzer“, verhörte ihn in Halles Rotem Ochsen, brachte ihn in das Speziallager Buchenwald, wo er im Februar 1947 umgebracht und verscharrt wurde. 1992 wurde Joachim Ernst von Anhalt wegen erwiesener Unschuld von der russischen Generalstaatsanwaltschaft als „Verfolgter politisch sowjetischer Repression“ anerkannt.

Rehabilitation im Jahr 1992

Vor zehn Jahren, am 60. Todestag von Joachim Ernst von Anhalt, wurde aus dem Gräberfeld des Lagers Buchenwald bei Weimar bei einer Gedenkfeier symbolisch Erde entnommen und in eine Urne mit dem Namen des Herzogs gefüllt. Diese Urne wurde von Mitgliedern der Familie des Herzogs nach Ballenstedt auf den Röhrkopf gebracht und dort bestattet. Nach dem Verkauf des Jagdschlosses zog der Stein mit Inhalt 2011 auf das Schloss Ballenstedt. Das Relief des Herzogs Joachim Ernst von Anhalt schuf die Künstlerin Esther Brockhaus aus Ballenstedt.

Exponate zu Joachim Ernst im Stadtmuseum

„Mein Vater war immer ein Held für mich“, so Prinz Eduard von Anhalt, Chef des Hauses Anhalt-Askanien und Großmeister des askanischen Hausordens Albrechts des Bären. „Ich sehe mich und uns als Glied in einer Kette, die hier und in diesem Land Spuren hinterlassen hat“, fügt er hinzu. Die Historie stand auch im Mittelpunkt eines Vortrages, der am Todestag von Joachim Ernst von Anhalt im Ballenstedter Stadtmuseum gehalten wurde.

Lutz Partenheimer, Ritter des Ordens Albrechts des Bären, sprach über die Entstehung der Ritterorden im Heiligen Land und ihren Einfluss auf die deutsche Geschichte. Das Stadtmuseum zeigt gegenwärtig auch Exponate, die an das Schicksal von Joachim Ernst von Anhalt erinnern.

Das sind unter anderem eine Decke aus dem einstigen sowjetischen Internierungslager Buchenwald und ein Esslöffel. Er symbolisiert das Elend der Gefangenen, denn Augenzeugen hatten berichtet, dass dem toten, aber noch nicht erkaltetem Herzog der Esslöffel geraubt wurde. (mz)

Lutz Partenheimer hält einen Vortrag über die Entstehung der Ritterorden.
Lutz Partenheimer hält einen Vortrag über die Entstehung der Ritterorden.
Wohlfeld