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Stacheliges Hobby Stacheliges Hobby: Walter Schreier schmuggelte Kakteensamen in die DDR

Von Ulf Rostalsky 20.05.2016, 11:47
Walter Schreier hat hunderte Kakteen in seinem Gewächshaus.
Walter Schreier hat hunderte Kakteen in seinem Gewächshaus. André Kehrer

Muldenstein - Die Liebe hält seit fast einem Jahrhundert. „Ich bin einfach glücklich und zufrieden“, sagt Walter Schreier. Dabei haben sich die Angebeteten des 80-jährigen Muldensteiners nicht selten nach Kräften gewehrt. Sie haben Stacheln und Dornen ausgefahren. „Aber sie haben mich auch mit einer Blütenpracht verwöhnt.“

Tag der Offenen Tür am Samstag

Walter Schreier ist Kakteenzüchter aus Leidenschaft und möchte sein Hobby möglichst vielen Leuten präsentieren. Dafür wählt er einen ungewöhnlichen Weg: Er lädt am Samstag zu seinem ganz persönlichen Tag der offenen Tür nach Muldenstein ein, zeigt Besuchern Garten und Gewächshaus. „Ich bin stolz auf meine Kakteen.“ Ob seine Frau die Offenheit ihres Mannes ebenfalls so begeistert, bleibt unbeantwortet. „Sie hat sich an mein Hobby gewöhnt und lässt mich machen“, erzählt Schreier. „Hier waren ja auch schon öfter Leute und haben die Kakteen angeschaut.“

Walter Schreier  öffnet am Samstag die Türen zu seinem kleinen Reich. Im heimischen Garten in der Muldensteiner Straße Am Steinberg 2 gibt er zwischen 10 und 18 Uhr Auskunft zu Kakteen aller Art.

Zwei Wochen später geht der Muldensteiner auf Reisen. Er ist Mitglied der Ortsgruppe Bitterfeld-Wittenberg der Deutschen Kakteengesellschaft. Die lädt vom 3. bis 5. Juni zur mittlerweile 43. Kakteenschau ins Kreismuseum nach Bitterfeld ein.

Experimente für das beste Wachstum

Der Muldensteiner ist selig. Seine stachligen Schönheiten haben ihn auch in diesem Jahr nicht enttäuscht. Ein Großteil trägt bereits Blüten. Gelb, pink, rot, weiß. Kaktus muss nicht eintönig sein. Schreiers Gewächshaus liefert den Beleg. Anders als viele seiner Zuchtfreunde setzt er auf Vielfalt und hat Hunderte Kakteen in seinem Besitz. Irgendeiner blüht immer. Übrigens auch zur Freude seiner Frau. „Auf der Fensterbank in der Küche stehen immer ein paar Exemplare in voller Blüte.“

Die Auswahl ist groß. Allerdings hat Schreier dafür nichts dem Zufall überlassen. Hinter jeder stachligen Schönheit steckt jede Menge Arbeit. Von wegen einfache Erde. Der Züchter experimentiert und stellt eigenes Substrat her. Neuester Versuch: Kalkhaltiger Vogelsand soll kleine Kakteen zum schnelleren Wurzeln animieren. „Funktioniert ganz gut“, meint Walter Schreier.

Er möchte seine Tipps und Tricks nicht für sich behalten. „Ich freue mich doch, wenn andere Leute mein Hobby teilen.“ Das ist neben dem Stolz auf die Zuchtergebnisse ein Grund für den Tag der offenen Tür im heimischen Garten. Schreier weiß, dass Kakteenzucht ein weites Feld ist. „Du brauchst Geld. Es schadet aber auch nicht, von jemandem Hilfe anzunehmen.“

Kakteensamen in den Westen geschmuggelt

Der Muldensteiner steht zu seiner Vorliebe für stachlige Schönheiten, die er tatsächlich seiner Frau zu verdanken hat. Einer ihrer Vorfahren hatte schon immer reichlich Kakteen. Ein paar schenkte er den Schreiers. Damit war der Anfang gemacht. Kakteen wuchsen auf dem Fensterbrett in der Mechanischen Werkstatt der Filmfabrik. Erfahrungen wurden in der Gruppe der Kakteenfreunde des Kulturbundes ausgetauscht. Das Material für das eigene Gewächshaus lieferte der Friedersdorfer Schlossermeister Kurt Sperling, ebenfalls ein Fan von Kakteen. Aus einem Kaktus wurden zwei. Aus zwei wurden Hunderte.

Darunter befinden sich heute auch Vertreter der Uebelmannia. Das sind echte Raritäten, zu denen Schreier in den 1980ern kam. Damals durfte er seine Mutter im Westen besuchen. Als Geschenk brachte er Kakteensamen aus Brasilien mit. Fast vier Jahrzehnte später haben die Pflanzen eine stattliche Größe erreicht. „Aber als Brasilianer brauchen sie Wärme. Sie stehen im Winter im Gewächshaus ganz nah beim Ofen.“ Von nichts kommt nichts. Auch das will Walter Schreier seinen Besuchern mit auf den Weg geben. (mz)

Kakteen sind nicht einfach nur grün und stachelig.
Kakteen sind nicht einfach nur grün und stachelig.
André Kehrer
Dank der richtigen Pflege von Walter Schreier tragen seine Kakteen eine wahre Blütenpracht.
Dank der richtigen Pflege von Walter Schreier tragen seine Kakteen eine wahre Blütenpracht.
André Kehrer