Flüchtlingsunterkunft in Roitzsch Flüchtlingsunterkunft in Roitzsch: Bleibt das Möbelhaus leer?

Roitzsch - Die für Roitzsch geplante Flüchtlingsunterkunft ist fraglich geworden. Der Investor hat noch immer keinen Antrag gestellt, um das ehemalige Möbelhaus an der August-Bebel-Straße umbauen zu können. Denkbar sind derzeit auch andere Orte in Sandersdorf-Brehna, entsprechende Gerüchte kursieren in Roitzsch.
Die Hintergründe für die Hängepartie sind offen. Ortskundige wiesen in der Vergangenheit mehrfach darauf hin, dass allein für die Abwasserentsorgung am Roitzscher Möbelhaus ein enormer baulicher und finanzieller Aufwand nötig sei.
Innerhalb der Kommune wäre ein Umschwenken auf einen anderen Ort formell ohne Weiteres möglich, denn die Vergabeentscheidung des Landkreises für die Unterkunft beschränkt sich nicht auf Roitzsch. Der Investor der schweizerischen Realzug AG muss das Vorhaben laut Vertrag in Sandersdorf-Brehna umsetzen. Er besitzt bei der Ortswahl also einen gewissen Spielraum. Gegenüber der MZ bat der Investor zuletzt mehrfach um Zeit bis zur Bekanntgabe einer Entscheidung. Klar ist damit, dass Roitzsch längst nicht mehr so definitiv ist wie noch im Dezember.
Die Beteiligten hüten sich derzeit, Informationen bezüglich einer Flüchtlingsunterkunft preiszugeben, solange sie vage sind. „Der Landkreis ist mit dem Investor im Kontakt. Diese Gespräche sind vertraulich, da sie schutzbedürftige unternehmerische Interessen betreffen“, heißt es beispielsweise aus der Kreisverwaltung in Köthen.
Betreiber wartet auf Entscheidung
Sogar der angedachte Betreiber der Flüchtlingsunterkunft in Roitzsch weiß derzeit wenig. So sagte ein Vertreter der sächsischen Loeser-net GmbH, die Teil der Bietergemeinschaft für die Unterkunft in Sandersdorf-Brehna ist: „Wir warten auf eine Entscheidung und dass es losgehen kann.“
Allerdings drängt der Wohnraumbedarf für Flüchtlinge derzeit deutlich weniger als noch Anfang des Jahres. „Momentan besteht kein großer Zeitdruck“, erklärt Landkreissprecher Udo Pawelczyk. Denn Anfang 2016 seien weniger Flüchtlinge nach Anhalt-Bitterfeld gekommen als noch Ende 2015. „Momentan hat der Landkreis noch Wohnungskapazitäten vorrätig“, so Pawelczyk. Auch am Bitterfelder Bahnhof kamen zuletzt kaum noch neue Flüchtlinge in Sonderzügen an. Gerade erst vermeldete das Land Thüringen viele freie Kapazitäten in Erstaufnahmeeinrichtungen, in Sachsen-Anhalt dürfte das Bild ähnlich aussehen. Diese Umstände erklären, warum sich der Landkreis Anhalt-Bitterfeld die noch andauernde Hängepartie in Roitzsch leisten kann.
Würden dort heute theoretisch die ersten Arbeiten beginnen und ein Bauantrag zumindest eingereicht, dann dürften noch mindestens weitere zwei bis drei Monate vergehen, bis die ersten Flüchtlinge einziehen könnten.
Dass Asylsuchende nach Roitzsch kommen sollen, ist seit Ende 2015 bekannt. Damals entschied der Vergabeausschuss, dass die Bietergemeinschaft aus Realzug AG (Investor) und Loeser-net GmbH (Betreiber) den Zuschlag bekommt. Es soll das einzige übrige Angebot für Sandersdorf-Brehna gewesen sein, das alle Voraussetzungen für eine gültige Bewerbung besaß. Die ersten der bis zu 225 Flüchtlinge sollten ab 1. April in die Roitzscher Unterkunft einziehen, also theoretisch ab heute.
Nach dieser Bekanntgabe veranstaltete der Landkreis in Roitzsch eine Einwohnerversammlung. Hunderte Besucher strömten in die Sporthalle, um mehr Informationen zu bekommen oder ihren - teils auch lautstarken - Protest gegen die Einrichtung auszudrücken.
Spätestens seit dieser Januar-Veranstaltung organisieren sich die Gegner der Asylunterkunft im Dorf. Sie wollen das Vorhaben für ihren circa 2 000-Seelen-Ort abwenden. Aktuell veranstalten die Einwohner sonntags Demonstrationszüge durch ihren Ort. (mz)