Boxen in Köthen Boxen in Köthen: Gemeinsamkeiten erkennen

Köthen/MZ - Die Übung wirkt einfach. Jens Wenzel und sein Sohn Karl schwingen ein langes dickes Seil, die Schüler der 6a der Freien Schule Anhalt sollen im richtigen Moment loslaufen, um nicht vom Seil getroffen zu werden. Erst jeder einzeln, dann in der Gruppe. Einzeln schaffen es fast alle, in der Gruppe offenbart sich aber eine Schwierigkeit: Ein Mädchen will partout nicht loslaufen. Sie ist unsicher. Jens Wenzel greift ein. „Du suchst dir jetzt zwei Freundinnen, die eine nimmst du an die linke, die andere an die rechte Hand und dann schafft ihr das“, sagt er. Zwei Mädchen finden sich schnell. Sie sprechen ihrer unsicheren Freundin Mut zu. Und tatsächlich: Es klappt. Kurz darauf funktioniert es auch mit der gesamten Gruppe.
In dieser Szene wird deutlich, um was es in der Projektwoche der 6. Klasse geht: Soziale Kompetenz. Alleine kann man manchmal scheitern, in der Gruppe kann es aber klappen. Und das stärkt wiederum jeden Einzelnen.
Anika Harnisch, Geschichts- und Religionslehrerin, sieht das mit Freude. „Wir legen Wert darauf, dass Anderssein akzeptiert wird, dass es dazu gehört“, sagt sie. Es geht um Respekt füreinander. Regina Gerhards, Mathe- und Geografielehrerin, erklärt, warum dieser Respekt voreinander wichtig ist: „Gerade wenn die Kinder in die Pubertät kommen, vergleichen sie sich mit anderen. In der Projektwoche geht es uns darum, Gemeinsamkeiten festzustellen.“
Jeder ist anders als die anderen
Jeder ist anders als die anderen, aber alle wollen mit Respekt behandelt werden. Immanuel Kant schrieb: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“ Einfacher ausgedrückt: Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst. Darum geht es für die 6. Klasse in ihrem Projekt. Jeder wird ein Plakat erstellen. „Ich bin...“, erklärt Anika Harnisch: „Das soll dazu führen, dass sie sich zum einen über sich selbst Gedanken machen.“ Zum anderen sollen sie sich beim Betrachten der Plakate der anderen mit eben jenen auseinander setzen.
Dass Jens Wenzel mit seinem Box-Training soziale Kompetenz veranschaulichen kann, zeigt der Montagvormittag. Die Kinder hören zu, sie üben alleine und in kleinen Gruppen. Es dauert zwar einige Minuten, bis sie sich an die Situation gewöhnt haben, nach einer Weile sind sie aber voll dabei. „Die Entwicklung ist schnell zu sehen“, sagt Jens Wenzel.
Freude an der Bewegung
Manchmal muss Wenzel auch auf die Sprünge helfen, wenn drei Mädchen in einer Ecke stehen, sich etwas von der Gruppe abspalten. Oder wenn ein paar Jungs ihr eigens Ding machen und nicht das, was Wenzel angesagt hatte. Die Freude an der Bewegung ist den meisten aber anzumerken. Sie bekommen Boxtechniken beigebracht. Fußstellung, Schattenboxen - alles im Eilverfahren. Das Lachen auf den Gesichtern der Kinder zeigt, dass es ihnen Spaß macht.
Natürlich sind nicht alle Bewegungstalente, ausgelacht wird aber keiner. Die eine und den anderen mit guten Voraussetzungen fürs Boxen hat Jens Wenzel aber gesehen. „Wer Interesse hat, kann gerne zu unserem Training kommen“, sagt er, der der Box-Abteilung der HG 85 Köthen vorsteht. Aber auch wenn keiner zum Training kommt, macht Wenzel klar: „Es lohnt sich, mit den Kindern zu arbeiten.“