Landtagspräsident unter Druck Schellenbergers Balkon-Affäre ist nicht nur eine Posse
Sachsen-Anhalts Parlamentspräsident soll Privilegien ausgenutzt haben. MZ-Kommentator Kai Gauselmann überrascht das nicht - und er hält das für ein Problem des Landtages.

Halle (Saale)/MZ - Das waren große Töne: „Wir müssen die Sorgen und Nöte der Menschen aufgreifen, in das Parlament tragen und nach ganz konkreten Lösungen suchen“, hatte Gunnar Schellenberger nach seiner Wahl zum Landtagspräsidenten gesagt. Seitdem ist der CDU-Politiker aber weniger durch große überparteiliche Appelle etwa für einen verschärften Kampf gegen Altersarmut oder für ein friedlicheres Miteinander in der Demokratie aufgefallen.
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Warum Gunnar Schellenberger bereits ins Gerede kam
Stattdessen kam Schellenberger ins Gerede, weil er in seinem Wahlkreis die Schirmherrschaft für ein Tennisturnier (Preisgeld: 15.000 Euro) übernommen hat und 5.000 Usbeken nach Sachsen-Anhalt holen wollte. Das eine brachte ihm den Vorwurf ein, sein Amt für Wahlkreisinteressen zu missbrauchen; das andere, seine Kompetenzen zu überschreiten. Und als Schellenberger noch Kulturstaatssekretär war, brauchte er als Dienstwagen wegen künstlicher Hüften unbedingt einen 7er BMW mit Massagesitz – ein solcher Oberklassewagen steht eigentlich nur Ministern zu.
Ist ein Landtagspräsident etwa nur ein unwichtiger Grußonkel?
Vor diesem Hintergrund ist die Balkon-Affäre keine Überraschung, vielmehr fällt einem als erstes der Refrain eines Roland-Kaiser-Liedes ein: „Ich glaub’, es geht schon wieder los/Das darf doch wohl nicht wahr sein“.
Mancher wird die Balkon-Affäre nur für eine Posse halten. Er soll Privilegien ausgenutzt und nicht in die Kasse gegriffen haben. Sie wiegt aber schwer, wenn man einen Landtagspräsidenten nicht nur für einen unwichtigen Grußonkel hält, sondern für ein wichtiges Symbol und Vorbild: für den obersten Repräsentanten der parlamentarischen Demokratie in einem Land, in dem die Menschen sich diese erkämpft haben.
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Dann wird eine in der Summe fragwürdige Amtsführung nicht nur zum Makel der Person, sondern auch des Landtages.