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Kliniken in roten Zahlen Sachsen-Anhalts Krankenhäuser behandeln deutlich weniger Patienten als in Vor-Corona-Zeit

Die Corona-Pandemie ist zwar vorbei - doch die Behandlungszahlen in Sachsen-Anhalt Krankenhäusern bleiben niedrig. Das wird jetzt zum Finanzproblem der Kliniken.

Von Jan Schumann Aktualisiert: 17.03.2023, 20:44
Sachsen-Anhalts Krankenhäuser melden rund 20 Prozent weniger Patienten als vor der Pandemie.
Sachsen-Anhalts Krankenhäuser melden rund 20 Prozent weniger Patienten als vor der Pandemie. (Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa)

Magdeburg/MZ - In Sachsen-Anhalts Krankenhäusern werden drei Jahre nach Ausbruch der Corona-Pandemie deutlich weniger Patienten als in Vorkrisenzeiten behandelt. Das bestätigte das Landesgesundheitsministerium auf MZ-Anfrage. Bundesweit sei ein anhaltendes Minus zu beobachten, so das Ministerium von Petra Grimm-Benne (SPD): „Auch in Sachsen-Anhalt ist ein Rückgang von mindestens 15 bis sogar über 20 Prozent festzustellen.“ Teils fehlt den Kliniken nun also jeder fünfte Patient – mit entsprechenden wirtschaftlichen Folgen.

Sachsen-Anhalts Krankenhausgesellschaft sieht die Entwicklung mit großer Sorge. Denn weniger Behandlungen bedeuten auch weniger Einnahmen – „was wiederum die ohnehin schon prekäre wirtschaftliche Lage der Kliniken weiter verschärft“, betont Eveline Möde vom Klinikverband.

Sachsen-Anhalt: Kliniken mussten Behandlungsangebote reduzieren

Auf den ersten Blick wirkt das aktuelle Behandlungsminus überraschend: Zwar hatten viele Patienten in der Corona-Hochphase Kliniken aus Angst vor Ansteckung bewusst gemieden, zudem wurden nicht-dringliche Operationen gezielt verschoben. Doch all diese Vorzeichen gibt es mittlerweile nicht oder kaum mehr – dennoch stecken die Patientenzahlen bis heute im Minus.

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Ein zentraler Grund laut Krankenhausgesellschaft: Ab dem Corona-Jahr 2022 mussten viele Kliniken ihre Behandlungsangebote einschränken, weil sie in der Omikron-Welle selbst „extreme Personalausfälle“ erlitten. Automatisch sanken so auch die Behandlungszahlen.

Erholt haben sich die Kliniken von der Krisenphase bis heute nicht, so die Experten. Die Krankenhausgesellschaft vermutet, dass sich bestehende Personal- und Finanzengpässe sogar noch verschärfen werden – etwa wegen des akuten Fachkräftemangels. Ohnehin sei die Finanzlage vieler Häuser dramatisch, niedrige Behandlungszahlen beschleunigten das Problem noch.

Krankenhäuser und Kliniken: Unklarheiten über Patientenrückgänge

Einen starken Rückgang zählte die Krankenkasse AOK 2022 bundesweit etwa bei Herzinfarkt-Behandlungen: Diese seien im Vergleich zu 2019 um 13 Prozent rückgängig, bei Schlaganfall-Behandlungen lag das Minus bei elf Prozent. „Wir können uns das nicht hundertprozentig erklären“, schreibt Jürgen Klauber, Chef des wissenschaftlichen Instituts der AOK, in einer aktuellen Studie. „Die Daten deuten darauf hin, dass die Rückgänge bei den leichteren Infarkten und Schlaganfällen höher sind.“

Offenbar seien vor allem Menschen mit milderen Symptomen seltener im Krankenhaus behandelt worden, so Klauber. Kräftige Rückgänge um 35 Prozent bilanziert die AOK zudem für Behandlungen von Rückenschmerzen und Bluthochdruck bis zum Jahresende 2022.

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Nicht-ausgelastete Kliniken und problematische Finanzen: All diese Probleme werden im April hochaktuell für Sachsen-Anhalts Politik. Denn Gesundheitsministerin Grimm-Benne wird dann ein Gutachten vorlegen, das den künftigen Bedarf medizinischer Versorgung im Land erklären soll. Es soll darlegen, in welchen Regionen künftig ins Gesundheitssystem investiert werden muss – und wo möglicherweise ein unrentables Überangebot besteht, etwa in den Großstädten. Finanzminister Michael Richter (CDU) fordert bereits eine deutlichere Schwerpunktsetzung der knapp 50 Kliniken im Land. „Es kann nicht mehr jeder alles anbieten.“

Die Opposition sieht indes den Fachkräftemangel im Gesundheitssystem als ungelöstes Kernproblem. „Es gibt immer weniger Ärzte und Fachpersonal im Land“, kritisierte Ulrich Siegmund (AfD). Das führe bereits zu regionalen Schieflagen in der Versorgung. „Der aktuelle Mangel war über 20 Jahre hinweg mathematisch absehbar“, rügt der Gesundheitspolitiker. Kommentar Seite 8