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Geringverdiener im Osten Sachsen-Anhalt als „Niedriglohnland“ - jeder dritte Vollzeitbeschäftigte verdient unter 2.500 Euro

Jeder dritte Vollzeitbeschäftigte in Sachsen-Anhalt verdient weniger als 2.500 Euro brutto im Monat. Experten sehen mittlerweile eine Schere zu Gehältern im öffentlichen Dienst: Der Staat bezahle teils deutlich besser als die Privatwirtschaft.

Von Jan Schumann Aktualisiert: 15.03.2023, 07:55
Jeder dritte Vollzeitbeschäftigte in Sachsen-Anhalt verdient weniger als 2.500 Euro brutto im Monat.
Jeder dritte Vollzeitbeschäftigte in Sachsen-Anhalt verdient weniger als 2.500 Euro brutto im Monat. (Foto: Marijan Murat/dpa=

Magdeburg/MZ - Die Gehälter von Vollzeitbeschäftigten in Sachsen-Anhalt hinken dem Verdienst im bundes- und ostdeutschen Durchschnitt hinterher. Das geht aus neuen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit hervor, die die Linksfraktion im Bundestag erfragt hat. Jeder dritte Sachsen-Anhalter verdient demnach weniger als 2.500 Euro brutto im Monat.

Betroffen sind gut 191.000 Vollzeitarbeitskräfte. Zum Vergleich: Im bundesweiten Maßstab muss nur jeder Fünfte mit einem Lohn unter 2.500 Euro leben. Der ostdeutsche Schnitt liegt dagegen bei 31,9 Prozent, das ist etwas besser als der Sachsen-Anhalt-Wert. Annähernd Westniveau erreicht im Osten allein Berlin.

Linke kritisiert „Niedriglohnland“ im Osten

Der Osten sei Niedriglohnland, kritisierte Linkenfraktionschefin Eva von Angern gegenüber der MZ. Ihre Forderung nach höheren Löhnen verknüpfte sie mit aktuellen Tarifverhandlungen. „2022 gab es die dritte reale Minusrunde in Folge. Die Forderungen der Gewerkschaften sind zu 100 Prozent gerechtfertigt“, so von Angern. „Inflationsausgleich ist das Gebot der Stunde.“ Die Verbraucherpreise lagen im Februar 8,7 Prozent über dem Vorjahresniveau.

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Aktuell laufen Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Diensts bei Bund und Kommunen. Die Gewerkschaft Verdi fordert 10,5 Prozent mehr Lohn. Wegen Warnstreiks mussten deutsche Airports am Montag bereits hunderte Flüge streichen. Noch größere Einschränkungen für Pendler und Reisende könnte am 27. März folgen: Dann wollen die Eisenbahn-Gewerkschaft EVG und Verdi gemeinsam die Arbeit verweigern. Bahn, Nahverkehr, Flughäfen und die bundeseigene Autobahn GmbH könnten so gleichzeitig bestreikt werden.

„Wir brauchen aber auch einen Plan für nichttarifgebundene Beschäftigte“, betonte von Angern. Sie kritisierte die „Tarifflucht“ vieler Arbeitgeber.

Niedrige Löhne in Sachsen-Anhalt: Experten sehen Schere zum öffentlichen Dienst

Tatsächlich sehen Wirtschaftsexperten im Osten eine Schere zwischen den vergleichsweise hohen Löhnen im öffentlichen Dienst auf der einen Seite und verhältnismäßig niedrigen Gehältern in der freien Wirtschaft auf der anderen Seite.

Dies sei „in erster Linie ein ostdeutsches Phänomen und ist getrieben von den sehr niedrigen Löhnen in der Privatwirtschaft“, sagte Steffen Müller vom Leibnitz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle. „Im Westen sind letztere höher und der öffentliche Dienst relativ weniger attraktiv“, sagte der Wirtschaftsprofessor der MZ. Klartext: Im Westen zahlen Arbeitgeber in Industrie und Dienstleistungssektor deutlich besser, dort sind häufig die großen Firmenzentralen.

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Auch Marco Langhof, Chef der Arbeitgeberverbände Sachsen-Anhalts, beobachtet diese Schere. „Wir haben hier häufig Firmenniederlassungen mit Produktion, aber ohne das Management, Forschung und Entwicklung.“ In der Bezahlung sei der öffentliche Dienst tatsächlich häufig im Vorteil.

„Deshalb ist die Frage, wie man die Wirtschaftsstruktur hier weitergestaltet“, so Langhof. Statt verlängerte Werkbänke müsse man Forschung und Entwicklung stark machen – ein Hoffnungsträger sei Intel, so der Verbandschef.

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Indes legte Sachsen-Anhalt für Teile des öffentlichen Diensts jüngst noch einen drauf: Grundschullehrer sollen bis 2025 in die Gehaltsklasse E 13 aufsteigen. Berufseinsteiger starten dann mit 4.188 Euro im Monat. Der Sprung bedeutet für alle Grundschullehrer ein Plus von Hunderten Euro: So will die Koalition aus CDU, SPD und FDP Fachkräfte im Land halten.

Über höhere Löhne für sämtliche Landesbeschäftigte wird ab Oktober bei Tarifverhandlungen gerungen. Sachsen-Anhalts Finanzminister Michael Richter (CDU) warnte bereits vor zu hohen Erwartungen: Ein Gehaltsplus von zehn Prozent sei „undenkbar“. Jedes Prozent Tarifsteigerung mache für Sachsen-Anhalt 40 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr aus, so Richter.