Konzert und Vortrag Gewandhausorchester sorgt sich um die Demokratie
Ein Konzert im Gewandhaus und ein Vortrag von Maja Göpel widmen sich dem Erhalt der Demokratie.

Leipzig/MZ - So wirklich kann Demokratie im Orchester nicht funktionieren, denn am Ende muss der Mensch am Pult darüber entscheiden, wie etwas gespielt wird. Doch darum geht es natürlich nicht, wenn Musikinstitutionen sich für Demokratie einsetzen – zum Beispiel das Leipziger Gewandhaus, das seine Spielzeit am Freitag wieder mit einem „Demokratiekonzert“ begonnen hat.
Durch Vergeltung ersetzt
Die Transformationsforscherin Maja Göpel brachte im ausverkauften Großen Saal in ihrer Rede Sorgen zum Ausdruck, die aktuell nicht nur die Kulturbranche umtreiben. „Vertrauen ist der Grundton der Demokratie“, betonte Göpel. „Vertrauen in Institutionen, doch ebenso in das Engagement jedes Einzelnen.“ Dieses werde derzeit jedoch oft ausgehöhlt und, wie in den USA, durch Vergeltung ersetzt. Leider war die Professorin, mindestens im Oberrang, schwer zu verstehen: keine Glanzleistung der Tontechnik.
Die lieferte dafür das Gewandhausorchester unter Andris Nelsons, der seinen Vertrag als 21. Gewandhauskapellmeister gerade bis 2032 verlängert hat. Nach Gastspielen in Paris waren die Musikerinnen und Musiker in geradezu berauschender Form. Viele von ihnen sind herausragende Solisten, doch im Gewandhausorchester ist die Mannschaft der Star.
Wogender Klangteppich
Unverwechselbar der weiche, leicht dunkel getönte Klang der Holzbläser, der warme, seidige Sound der Streicher, das schlagkräftige, abgerundete Blechregister und das Schlagwerk. Zudem stand das richtige Programm auf dem Plan, um diesen Stärken Geltung zu verleihen. In Arvo Pärts „Cantus in Memoriam Benjamin Britten“ wurde ein langsam wogender Klangteppich in a-Moll ausgebreitet, unterbrochen von Glockenklang, immer wieder bis ins Nichts verklingend. Diese Pianokultur mit Atempausen, in denen die Musik zu sich findet, ist nicht zu übertreffen.
Isabelle Faust spielte Antonín Dvoráks Violinkonzert mit Tiefe, Intensität und Leuchtkraft, technisch sowieso unanfechtbar, eine Referenzinterpretation in kammermusikalischem Einklang mit dem Orchester, das nach der Pause in gewaltigen Wellen die zweite Sinfonie von Jean Sibelius intonierte: ein Farbenrausch, ein beständiges Ringen von Themen, Rhythmen, Ebenen, das triumphal endete. Niemanden hielt es da noch auf den Sitzen.