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Homosexualität Homosexualität: Pastor aus Mansfeld-Südharz will Schwule und Lesben "heilen"

Von Hendrik Kranert-Rydzy 28.01.2014, 19:08
Zwei Frauen küssen sich im Gegenlicht.
Zwei Frauen küssen sich im Gegenlicht. dpa/Symbol Lizenz

Magdeburg/MZ - Ein Verein aus Bennungen (Mansfeld-Südharz) bietet nach Recherchen des MDR Seminare an, um Schwule und Lesben von ihrer sexuellen Orientierung zu „heilen“. Nach einem Bericht der MDR-Sendung „Sachsen-Anhalt heute“ und des ARD-Magazins Fakt wird der Verein mit Namen „Leo e.V.“ vom ehemaligen CDU-Landtagsabgeordneten und evangelischen Pfarrer Bernhard Ritter geleitet.

„Neurotisches Selbstmitleid“

Schwerpunkt der Anfang der 1990er Jahre von Ritter gegründeten „Gesellschaft für Lebensorientierung“ (Leo) ist laut Internetseite die „pastoral­psychologische Seminar- und Beratungsarbeit“, die unter anderem auf dem therapeutischen Konzept des niederländischen Psychologen Gerard van den Aardweg fußt. Dieser vertritt die These, dass Homosexuelle unter „neurotischem Selbstmitleid“ litten, also psychisch krank und damit therapierbar seien. Eine These, die auch Ritter in seinem 1993 erschienenen Buch „Eine andere Art zu lieben?“ vertritt. Darin heißt es: „Wir sehen in jeder Form der Homosexualität eine Entwicklungsstörung. Deshalb halten wir den Rat, Homosexualität als eine normale Gegebenheit im Leben zu akzeptieren und entsprechend zu leben, für schädlich und verantwortungslos.“

Ritter bietet seit 30 Jahren zweimal im Jahr einen einwöchigen Kurs mit dem Titel "Schritte zur Freiheit aus zwanghaften Gefühlen" an (Kosten: 150 Euro pro Person), der sich allerdings nicht ausschließlich an Homosexuelle richtet. „Es ist ein Angebot an Menschen mit jeder Art von emotionalen Problemen“, sagte Ritter der MZ. „Ab und zu taucht dabei auch jemand auf, der ein homosexuelles Problem hat.“

Ein Kursteilnehmer, der anonym bleiben will, erklärte gegenüber der MZ, dass das Thema Homosexualität „immer mal wieder“ in Ritters Vorträgen vorkomme sowie einen halben Tag in Gänze das Programm der Seminarwoche bestimme. Ritter erkläre dort, dass Männlichkeits- beziehungsweise Weiblichkeitskomplexe aus der Kindheit in der Pubertät zu gleichgeschlechtlicher Orientierung führe. Behandeln ließen sich diese Komplexe, indem man „das innere jammernde Kind lächerlich macht“. Ritter äußerte sich mit Verweis auf seine seelsorgerische Schweigepflicht nicht zu Inhalten seiner Seminare. Auch toleriere er gleichgeschlechtliche Lebensweisen. Auf der Internetseite vom Verein Leo heißt es unter dem Link „Arbeitsgemeinschaft bekennender Christen“ jedoch: „Gleichgeschlechtliche u.ä. Lebensgemeinschaften sind im Sinne der Schöpfung niemals der Ehe von Mann und Frau gleichwertig, sondern nach Paulus ein Zeichen des Verfalls des Glaubens und des Lebens.“ Homosexuelle Pfarrer und Pastorinnen seien abzulehnen.

Ein agiler Verein

Dem Kuratorium des Vereins gehören auch prominente CDU-Mitglieder an, darunter der einstige Ostbeauftragte der Bundesregierung und Bundestagsabgeordnete Christoph Bergner und der ehemalige Vorsitzende der Landtagsfraktion, Jürgen Scharf. Scharfs Nachfolger als Fraktionschef, André Schröder, bestätigte auf MZ-Anfrage, dem Wunsch Ritters entsprochen zu haben, Mitglied des Kuratoriums zu werden.

Der hallesche Bundestagsabgeordnete Bergner erklärte, dass er sich mit Ritter wegen dessen Thesen zur Homosexualität schon in den 90er Jahren Kontroversen geliefert habe: „Ich teile diese Thesen ausdrücklich nicht und halte sie für falsch“, so Bergner. Darüber hinaus leiste Ritter aber eine breite und erfolgreiche Therapiearbeit, weshalb er den Verein auch unterstütze. „Wichtig ist der Charakter der Hilfsangebote, niemand wird gezwungen, da hinzugehen oder eine Therapie zu machen.“

Ähnlich äußerte sich am Dienstag auch CDU-Fraktionschef André Schröder gegenüber der MZ: „Ich teile aber nicht den Ansatz, dass es sich bei Homosexualität um eine Neigung handelt, die zu therapieren ist.“ Er wolle den Verein Leo aber nicht auf diesen Ansatz reduzieren: „Das ist ein agiler Verein, der gesellschaftlich und bürgerlich sehr aktiv ist.“

Nicht überall dürfen sich Schwule einfach in der Öffentlichkeit küssen.
Nicht überall dürfen sich Schwule einfach in der Öffentlichkeit küssen.
dpa Lizenz