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Hochwasser in Brandenburg Hochwasser in Brandenburg: Evakuierung in Mühlberg ausgeweitet

07.06.2013, 08:34
Während in Mühlberg (Kreis Elbe-Elster) ein neuer Deich gebaut wird, steht das Hochwasser der Elbe an der Deichoberkante.
Während in Mühlberg (Kreis Elbe-Elster) ein neuer Deich gebaut wird, steht das Hochwasser der Elbe an der Deichoberkante. dpa Lizenz

Potsdam/dpa - Halten die Deiche? Dies ist die zentrale Frage in den Hochwasser-Krisengebieten in Brandenburg. Vor allem in der Kleinstadt Mühlberg (Elbe-Elster) an der Elbe hoffen die Menschen auf ein neues Wunder. Die Situation hat sich dort am Freitag dramatisch verschärft: Die Behörden ordneten die Evakuierung an - zunächst nur für die Altstadt, am Abend für das gesamte Stadtgebiet. Bis zu 4500 Menschen sollen laut Polizei die Häuser verlassen. „Der Druck auf die Deiche ist immens. Ich setze auf das Verständnis und die Kooperation der Anwohner“, sagte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD).

Zuvor hatte Innenminister Dietmar Woidke (SPD) die Lage als sehr kritisch beschrieben. „Die Stadt ist nicht mehr sicher“, sagte sein Sprecher Ingo Decker. Der Pegel liegt zwar mit 9,88 Meter zehn Zentimeter unter dem des Jahrhunderthochwassers von 2002 - doch der Druck auf die Deiche ist groß, es gibt mehrere Sickerstellen.

2002 hatte das „Wunder von Mühlberg“ die Einwohner vor der Flut geschützt. Auch diesmal stemmen sich Hunderte Helfer gegen die Wassermassen: Die alten Abschnitte wurden mit Sandsäcken auf 10,30 Meter erhöht. Die neuen Bereiche wurden elf Meter hoch gebaut.

Minister Woidke sieht dennoch die Gefahr, dass die Deiche brechen. Zwar versuchen auch Taucher, einen unterspülten Deich im Bereich Mühlberg/Borschütz zu sichern - doch das Risiko ist den Verantwortlichen zu hoch. Zuletzt rutschte ein Deich auf einer Länge von rund 150 Metern ab.

Zunächst waren die rund 2100 Einwohner der Altstadt aufgefordert gewesen, die Häuser freiwillig zu verlassen. Die Evakuierung kam jedoch nach Angaben der Polizei nur schleppend voran. Vielen Einwohnern sei die Gefahr, die im Falle eines Deichbruches auf sie zukäme, immer noch nicht bewusst. „Das Wetter ist schön, die Sonne scheint - da verdrängen etliche Bewohner die Gedanken an eine Katastrophe“, sagte Polizeisprecherin Ines Filohn. Am Abend weiteten die Behörden die Evakuierung auf sämtliche Stadtteile aus.

Polizeisprecher Lutz Miersch sagte: „Es wird aber keine Zwangsevakuierung geben.“ Bis zum Samstagmorgen sollten Zweierteams der Polizei mit einem Notfallseelsorger von Haus zu Haus gehen und die Menschen auffordern, sich in Sicherheit zu bringen. „Wir machen es sehr dringend“, sagte Miersch der dpa. Noch lagen keine genauen Zahlen vor, wieviele Menschen in ihren Häusern bleiben wollten. Mittlerweile seien weitere Notunterkünfte eingerichtet worden. Die rund 250 Helfer der Bundeswehr wurden am Abend durch neue ersetzt.

Auch entlang der Schwarzen Elster und in der Prignitz steigt die Nervosität. Zwar haben sich die Pegelstände mit leicht sinkender Tendenz stabilisiert. Aber auch dort sind die Dämme durchnässt und Helfer müssen permanent Sickerstellen bekämpfen. Ein gebrochener Deich bei Herzberg konnte durch Sandsäcke geschlossen worden. Je Quadratmeter drücken nach Angaben der Experten sechs Tonnen Gewicht gegen die Deiche.

An der Elbe im Landkreis Prignitz steigt ebenfalls das Wasser, am Freitag (16.00) zeigte der Pegel Wittenberge 6,39 Meter. Damit gilt die Alarmstufe 3. Nach jüngsten Berechnungen soll am Samstag im Tagesverlauf die höchste Alarmstufe 4 erreicht werden. Bereits seit Mittwoch gilt in der Prignitz Katastrophenalarm. Soldaten helfen, die Deiche zu sichern. Nach jüngsten Prognosen kann bis Dienstag ein Wasserstand von 8 Metern erreicht werden. Die Deiche in der Prignitz sind bis zu einem Wasserstand von 7,45 Meter plus einen Meter Reserve ausgelegt. 2002 bei der Jahrhundertflut wurde am Pegel Wittenberge ein Spitzenwert von 7,34 Meter erreicht.

Die Hochwasserlage der Spree entspannte sich leicht. Am Pegel Spremberg (Spree-Neiße) wurde der Richtwert der höchsten Alarmstufe A 4 unterschritten, wie das Landesumweltamt mitteilte. Der Spreewald wird wegen des steigenden Hochwassers von diesem Samstag an für Boote gesperrt. In Cottbus sind die Fußgängerbrücken über die Spree gesperrt worden, weil sie rasend schnell durch die Stadt fließt.

Auch im Havelland wird die Situation zunehmend ernster. Dort sind die Wehre wegen des Elbhochwassers geschlossen worden. Dadurch kommt es zum Rückstau in der Havel, in Havelberg gilt die niedrigste Hochwasserstufe 1. In den nächsten Tagen entscheidet sich, ob sechs Polderflächen in der Region geflutet werden müssen. Die Landwirte haben vorsorglich ihr Vieh in Sicherheit gebracht.

Der Elbhafen in Wittenberge ist gegen die befürchtete Hochwasserwelle gesichert.
Der Elbhafen in Wittenberge ist gegen die befürchtete Hochwasserwelle gesichert.
dpa Lizenz